Auch bei der Harburger Tafel gehen die Spenden zurück, während die Zahl der Kunden steigt.Foto: kneip

Von der Buxtehuder Straße geht es auf einen Parkplatz an der Hans-Fitze-Straße. Für Kunden und Mitarbeiter wird es richtig eng

Ansbert Kneip, Harburg. Es ist ein unscheinbarer Parkplatz an der B 73, eingeklemmt zwischen Straße, einem Fitness-Studio und dem Hans-Fitze-Haus, einer Anlaufstelle für Menschen mit Suchtproblemen. Gerade mal 15 Autos können hier parken – aber wenn es nach den Plänen des Bezirks geht, werden hier ab Ende des Jahres zahlreiche Container stehen, zum Teil übereinander. Dazu gut 20 große Mülltonnen, Toilettenhäuschen, vier LKW – und an Wochentagen fast 200 bedürftige Menschen, die hier Lebensmittel erhalten. Der Parkplatz soll die neue Unterkunft für die Tafel Harburg werden.
Zur Zeit ist die Harburger Tafel noch gut einen Kilometer weiter westlich untergebracht, in einem ehemaligen Gartenbaubetrieb der Stadt. Das Gebäude soll Ende des Jahres abgerissen werden. Anschließend wird nach den Plänen der Stadt ein großer Gebäudekomplex entstehen: Unten zieht die Drogenhilfe „Abrigado“ ein, ein Stockwerk höher versorgt die Tafel Menschen in Not, darüber liegen Wohnungen für Menschen, die auf den normalen Wohnungsmarkt keine Chancen haben – ein Zentrum für sozial benachteiligte Menschen also.
Das Vorhaben war umstritten. Es sieht nicht nach einer guten Sozialpolitik aus, wenn man sehr verschiedene hilfsbedürftige Menschen einfach an einem Ort konzentriert. Andererseits gibt es in Harburg kaum freie Flächen – die Sozialbehörde setzte sich schließlich durch. Der Bau wird zwei bis drei Jahre dauern.
So lange muss die Tafel ihre Kunden woanders versorgen. „Eine Unterkunft ist nicht leicht zu finden“, sagt Sabine Pena, die Vorsitzende der Tafel. „Der Ort muss per Bus erreichbar sein, wir brauchen Platz für LKW, für Lebensmittel, für die Anlieferung und Ausgabe der Ware. Und unsere Kunden müssen ja auch irgendwo anstehen können.“
Im Moment ist die Schlange der Kunden von der Straße aus nicht sichtbar – wer sich schämt, zur Tafel zu gehen, muss jedenfalls nicht damit rechnen, gesehen und erkannt zu werden. An der neuen Unterkunft kann niemand mehr diskret in der Reihe stehen. „Auf dem Präsentierteller“, nennt das die Tafel-Vorsitzende.
„Wir hätten uns einen anderen Ort gewünscht“, sagt Pena. Der Bezirk versprach, bei der Suche zu helfen – ohne Erfolg. Zuletzt stellte die Bezirksverwaltung der Tafel ein Ultimatum: Die Tafel solle dem Umzug auf den Parkplatz an der Hans-Fitze-Straße zustimmen und auch damit aufhören, selber einen neuen Standort zu suchen.
Für die Kundinnen und Kunden würde der Umzug der Tafel nicht nur bedeuten, dass es künftig enger wird. Es ist gut möglich, dass die Bedürftigen auch weniger Ware erhalten. Denn nun kommen gleich mehrere schlechte Entwicklungen zusammen: Einerseits sammeln die Tafelmitarbeiter nicht mehr so viele Lebensmittel ein wie noch vor einem Jahr – es gibt weniger Spenden.
Gleichzeitig kommen immer mehr Kunden: Wegen der Inflation müssen immer mehr Menschen mit jedem Euro rechnen – wer nicht mehr weiter weiß, geht dann zur Tafel. Dazu kommen die Flüchtlinge, die je nach Status auch von der Tafel versorgt werden können.
„Offenbar geht die öffentliche Hand davon aus, dass die Tafel das schon irgendwie hinkriegen wird“, sagt Pena. Aber das Lager und die Ausgabefläche werden auf dem Ersatzgelände noch kleiner als bislang. „Man kann davon ausgehen, dass wir Menschen abweisen müssen“, sagt Pena.
>> Der Autor ist im Vorstand der Tafel Harburg. Wer ehrenamtlich einmal die Woche bei der Tafel helfen möchte, kann sich unter Tel 040/77 11 08 97 melden.

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