„Gegen die Ohnmacht“ heißt das im Oktober erschienene Buch, das die in Hamburg gebürtige Klimaaktivistin Luisa Neubauer (26) zusammen mit ihrer Großmutter Dagmar Reemtsma (89), die noch heute Teil der „Umweltgruppe Elbvororte“ ist, geschrieben hat. Darin verknüpfen beide viel Persönliches mit politischen Haltungen.
Die im Klappentext beschworenen Parallelen zwischen den Generationen erscheinen dann aber doch etwas überzogen. „Sie wurden in sehr unterschiedliche und sehr schwierige Zeiten hineingeboren“: Reemtsma erlebte Nationalsozialismus, Krieg und Nachkriegszeit, Neubauer den Klimawandel, Energiekrisen und wieder einen Krieg in Europa – da geht‘s dem geneigten Leser heutzutage – trotz Klimaangst – wohl doch vergleichsweise gut in Hamburg.
Wie Luisa Neubauer Ohnmachtsgefühlen entgegentritt, und was das mit ihrer Oma zu tun hat, ist im Grunde schnell erzählt: Großmutter Dagmar Reemtsma protestierte schon in den 1980er-Jahren gegen den Bau der Landebahn des Airbus A380 und die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs, demonstrierte und organisierte politischen Widerstand – und wurde zum Ansprechpartner und Vorbild für Neubauer.
Doch in dem neuen Buch von Neubauer steckt mehr, zum Beispiel Reemtsmas Erinnerungen: Daran, dass man früher schon Ressourcen schonte, in dem man – meist aus wirtschaftlichen Gründen – sparsam mit den Dingen umging, in dem man Kleidung selbst nähte, niemals Lebensmittel wegwarf, selbst kochte, statt Essen zu gehen. „Geizig war das“, beschwerte sich dann auch Luisas Mutter, ein Kind der Wirtschaftswunderzeit. Die Enkelin sieht das dagegen wieder positiver, nennt unsere heutige Lebensweise „eine Welt der Dauerverschwendung“.
Etwas nervig kommt dagegen der stets erhobene Zeigefinger daher, zumal das Buch es dem Leser sprachlich nicht leicht macht, Emotionen zum Thema zu entwickeln: „Jahrzehnt-, Jahrhundertelang wurde die Natur als Antagonistin zum Menschen und zu wachsenden Gesellschaften stilisiert. Und nun, nach all der Ausbeutung, der Destabilisierung von fragilen ökologischen Systemen werden die Lebensräume auf der Welt für viele Menschen immer gefährlicher, werden Lebensgrundlagen zu Todesursachen.“ Das ist auf jeden Fall nichts für eine entspannte Lesestunde auf dem Sofa.
Für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem
Klimawandel fehlen dagegen leider Fakten, Neubauer behauptet viel und belegt wenig. Tatsächlich viel spannender: Wie es den Aktivisten nach Rückschlägen wie der Einordnung von Erdgas und Atomkraft als „nachhaltig“ ging, wie sie sich nach solchen Enttäuschungen wieder aufrappeln und weitermachen können.
Und daraus entsteht im Grunde auch das Fazit des Buches, und dafür bräuchte es vielleicht nicht ganz so viele komplizierte Worte: Wenn‘s wichtig ist – einfach weiter machen!