
Von Carsten Vitt. In seinem zweiten Roman „Schwalbenwinter“ beschreibt der Eimsbütteler Autor Klaus Jensen verhängnisvolle Geheimnisse, die die Hamburger Familie Johannson fast zerreißen. Das Elbe Wochenblatt sprach mit Jensen über sein neues Buch.
Elbe Wochenblatt: Herr Jensen, Sie schreiben eine Art Familiensaga von 1864 bis 1962 – was ist das Hauptthema des Buchs?
Klaus Jensen: Wir sind nicht nur Kinder unserer Zeit, sondern haben auch eigene Maßstäbe. Wir können über unseren Tellerrand schauen. Im Kern geht es um die Frage, wie es gelingen kann, die einschränkenden Prägungen unserer Herkunft zu überwinden. Um das zu zeigen, eignet sich die Zeitspanne von der vordemokratischen nationalistischen Epoche in Deutschland bis zur freieren Gesellschaft unserer Tage hervorragend.
Geht es um einen Generationenkonflikt zwischen Alten und Jungen?
Nicht hauptsächlich: Das älteste Mitglied der Familie Johannson, das im 19. Jahrhundert lebte, hat viel mehr mit seinen Urenkeln gemeinsam als mit seinen Kindern. Es geht eher um einen Konflikt zwischen Weltanschauungen, zwischen Nationalismus und Humanismus.
Welche Charaktere beschreiben Sie am liebsten?
Leicht von der Hand gehen Figuren, die mit schwierigen Lebensverhältnissen ringen, die aber nicht in einer Opferrolle verharren und Schuldige suchen, sondern auch in kritischen Situationen Menschlichkeit bewahren. Spaß bringt es mir aber ebenso, abgrundtief schlechte Charaktere mit absurden Gedankengängen zu erfinden.
Findet sich im Buch ein Hamburg wieder, das Sie als Kind erlebt haben?
Ja, ich gehöre zu der Generation der jüngsten Kinder der Familie Johannson. Die Geschichte spielt schwerpunktmäßig in Eppendorf, Harvestehude und Eimsbüttel. Ich bin hier aufgewachsen. Es ist aber kein biografischer Roman, obwohl er biografische Elemente enthält. Meine Familie tickt ganz anders.
Was fasziniert Sie selbst an Familiengeschichte?
Familien sind unsere persönlichen Keimzellen, sie bergen Geheimnisse und unausgesprochene Wünsche, Prägungen werden zu Charaktermerkmalen. Wenn wir uns verändern wollen, müssen wir uns mit unseren Keimzellen befassen. Vor meinem Leben als Schriftsteller habe ich als sozialtherapeutischer Berater mit Familiensystemen gearbeitet, dabei habe ich viel über solche Prozesse gelernt.
Gibt es ein versöhnliches Ende?
Ja, aber ein Ende mit Fragezeichen. Die Johannson-Story braucht eine Fortsetzung.
Zum Autor: Klaus Jensen, Jahrgang 1949, hat als Sozialpädagoge und Coach Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung begleitet und unterstützt. Als Autor erfüllte er sich selbst einen lang gehegten Wunsch: Schon von Kindheit an ist er von Sprache fasziniert und will schreiben. „Schwalbenwinter“ ist sein zweiter Roman.
>> Klaus Jensen: „Schwalbenwinter“, Tredition Verlag, ISBN: 978-3-347-63669-9, www.jensen-autor.de