
Neues vom Nachbarn – Wochenblatt-
Kolumne von Oliver Lück
Mir hat die schwedische Polizei geschrieben. Der Brief ist ein wenig kühl formuliert. Er beginnt sogar so, dass er mich sofort etwas beunruhigte: Mister Luck! Die Schweden verwenden kein Ü in ihrer Sprache und haben aus meinem Namen ein Luck gemacht, was auf Englisch ja Glück bedeutet. Eigentlich ganz schön, aber das Ausrufezeichen gefiel mir überhaupt nicht.
Ich setze an das Ende meiner Anreden in Briefen immer ein Komma, was nach nettem Geplauder klingt. So findet man auch sehr viel eleganter hinein in den Brief. Wie Wasser rutscht man in die nächste Zeile. Anreden, die mit Ausrufezeichen beginnen, machen mich dagegen nervös. Ach ja, und ganz oben in diesem Brief stehen ja auch schwedische Sätze, die ich nicht verstehe (Brott mot smugglingslagen), und dann noch dieses eine, unübersehbare Wort in wirklich sehr großer Schrift: Geständnis.
Der erste Satz beginnt mit „Sie gestehen, dass …“ Es folgt eine Art Tabelle mit verschiedenen Feldern, die Namen haben. Das erste Feld heißt Datum der Tat. Das zweite Tatort. Und ja, der schwedische Polizeibrief hat natürlich auch eine Vorgeschichte: Ich hatte mir in meinem Garten mit einer Eisenstange auf den Kopf gehauen. Es war eine einsame, alte, sehr dicke Wäschestange, am Fuß angerostet, was ich allerdings gar nicht bemerkt hatte. Als ich diese dann mit aller Kraft aus dem Boden ziehen wollte, brach sie einfach ab und krachte auf mein Haupt. Mein Chiropraktiker sprach von einer Gehirnerschütterung und brachte meine inneren Energien wieder zum Fließen. Und er sagte mir, dass ich nun CBD-Tropfen nehmen solle. Die seien gut für mich. Ich glaube das, was er sagt. Immer. Er ist ein seriöser Profi. Also nahm ich täglich einen Tropfen und das braune Fläschchen mit auf die Reise nach Schweden, wo ein Drogenhund die zehn Milliliter in meinem Kulturbeutel fand.
CBD ist in Schweden verboten. Was ich nicht wusste. Aber heute weiß ich, dass es vielleicht etwas naiv war, zu glauben, dass deutsche Gesetze auch weltweit gelten. Und nicht bloß das: CBD ist strengstens verboten! Es gilt als Droge. Nun bin ich Drogenschmuggler. Kein Kavaliersdelikt. Immerhin: Ich musste nicht ins Gefängnis. Die Tropfen wurden beschlagnahmt. Und es wurde eine Strafe festgesetzt: 11.000 schwedische Kronen, rund 1.100 Euro. Für zehn Milliliter. Teure Tropfen! Und nun schmerzt mein Kopf wieder etwas mehr. Ich habe sofort meinen Chiropraktiker angerufen.

Oliver Lück
… ist Journalist und Buchautor. Jede Woche erzählt er an dieser Stelle von seinen Beobachtungen und Begegnungen. Aktuell im Handel sind von ihm:
Der Strandsammler
(Rowohlt Verlag, 144 Seiten)
Buntland – 16 Menschen,
16 Geschichten
(Rowohlt Verlag, 256 Seiten plus 32 Fotoseiten)