
Situation beim Eigentümer des Holsten-Grundstück
wird bereits mit dem Fall Wirecard verglichen
Rund um den Immobilienkonzern Adler spielt sich ein Wirtschaftskrimi ab, der Beobachter an den Fall Wirecard erinnert. Seitdem am vergangenen Wochenende die Bilanzprüfer dem Konzern und Einzelabschluss nicht zustimmten, brach der Wert der Adler-Aktie ein, Anlegerschützer bereiten bereits Klagen gegen das Unternehmen vor. Bilanzexpertin Carola Rinker sagte der „Süddeutschen Zeitung“, das Verhalten der Wirtschaftsprüfer im Fall Adler sei unglaublich selten aber berechtigt, zu viele Fragen über womöglich unsaubere Deals seien offen geblieben. „Die Gewinne wurden in der Vergangenheit vor allem durch die Wertsteigerung der Immobilien in den Bilanzen erzielt“, so Rinker. Ob Adler womöglich überschuldet sei, hänge deshalb maßgeblich vom Erlös der Häuser bei einem Verkauf ab. Da seien die Rahmenbedingungen zuletzt deutlich schlechter geworden. „Und Adler hat jetzt auch noch eine schlechte Verhandlungsposition, weil alle wissen, dass sie Geld brauchen.“
Zum Adler-Konzern gehört auch der Projektentwickler Consus, der die ehemaligen Gebäude der Brauerei gerade abreißen lässt, um darauf das Holsten-Quartier zu bauen. In der Adler-Bilanz wird das Grundstück der Brauerei mit einem Wert von 362 Millionen Euro aufgeführt. Nachdem die Stadt Hamburg auf ihr Vorkaufsrecht 2016 verzichtet hatte, war das Grundstück vom Holsten-Eigentümer Carlsberg zunächst für 154 Euro an die Düsseldorfer Gerchgroup verkauft worden (das Elbe Wochenblatt berichtete). Dass Consus die vom Bezirksamt Altona geforderte Finanzierungszusage einer Bank für den Bau des Holsten-Quartiers vorlegen kann, glaubt nach dem Beben vom vergangenen Wochenende ernsthaft niemand mehr.
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Wie geht es weiter nach dem Adler-Beben? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was will die Initiative „Knallt am dollsten“?
Sie fordert Stadt Hamburg und Bezirk dazu auf, die Verhandlungen mit dem Immobilienkonzern für gescheitert zu erklären und die Kommunalisierung (Überführung in Gemeinschaftseigentum, Anm. d. Red.) des Holstenareals unverzüglich einzuleiten.
Ist das realistisch?
Im Wege der Enteignung eher nicht, für einen Kauf schon eher. Für eine Enteignung gelten hohe rechtliche Hürden, sie kann sich lange hinziehen. Der Eigentümer würde eine Entschädigung erhalten. Es scheint äußerst fraglich, dass der rot-grüne Senat diesen Weg beschreitet, da Adler, wie allgemein angenommen wird, das Grundstück wohl bald verkaufen muss, um an frisches Geld zu kommen.
Will Hamburg das Grundstück kaufen?
Der NDR meldet, dass laut einem Senatssprecher die Stadtentwicklungsbehörde und die Finanzbehörde den Auftrag bekommen hätten, alle Optionen für das Holsten-Areal erneut zu prüfen. Dazu gehöre auch ein Ankauf. 360 Millionen Euro würde die Stadt aber nicht zahlen.
Hätte die Stadt ein Vorkaufsrecht?
Eindeutig ja, wenn es einen Grundstückskaufvertrag gäbe. Schwieriger wird es, wenn Adler und der zum Konzern gehörender Projektentwickler Consors durch einen „Share Deal“ verkauft werden. (Bei diesen erfolgt der Unternehmenskauf durch den Erwerb von Anteilen der zum Verkauf stehenden Gesellschaft.) Dann greift das Vorkaufsrecht formal nicht, aber es wäre zu prüfen, ob es sich um ein Umgehungsgeschäft handle. Der Wohnungsbauriese Vonovia hält derzeit 20 Prozent an Adler. Das börsennotierte Unternehmen will sich erst nach der Hauptversammlung im Juni dazu äußern, ob es die Anteile verkauft oder aufstockt.
Was fordert die Initiative „Knallt am dollsten“ wenn das Grundstück an die Stadt fällt?
Sie sieht Gemeinsamkeiten zum Gängeviertel, das die Stadt von einem Investor kaufte. „Die Bebauung des Holstenareals gehört in die Hände eines Konsortiums aus Genossenschaften, kommunalen Wohnungsbauunternehmen und selbstverwalteten Projekten im Sinne einer neuen Wohngemeinnützigkeit. Einige von ihnen hatten dazu bereits 2016 ihre Bereitschaft erklärt.“