Foto aus besseren Zeiten: Januar 2022, vor der Sophienkathedrale in Kiew. Der Wilhelmsburger SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi war mit einer Bundestagsdelegation zu Gesprächen mit der ukrainischen Regierung vor Ort. Foto: pr

Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, allgemeine Dienstpflicht: drei Fragen an die Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi und Falko Droßmann

Olaf Zimmermann, Hamburg-Süd. Soll Deutschland der Ukraine zur Verteidigung gegen Putins Armee schwere Waffen schicken? Brauchen wir eine Impfpflicht, um die nächste Welle der Corona-Pandemie abzumildern? Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Welche Position vertreten die Hamburger Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi (SPD, Wahlkreis Harburg/Bergedorf/Wilhelmsburg) und Falko Droßmann (SPD, Wahlkreis Mitte)? Hier können Sie es lesen.

Falko Droßmann lehnt die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ab.
Foto: wikimedia/Gummimatzi

EW: Die Einführung der Impfpflicht gegen Corona ist im Bundestag krachend gescheitert. Halten Sie eine Impfpflicht für erforderlich? Welchen Antrag zur Impfpflicht haben Sie unterstützt?
Metin Hakverdi: Ironie des Schicksals: Ich konnte an der Abstimmung nicht teilnehmen, weil ich in der Sitzungswoche der Abstimmung an Corona erkrankt war. Ich hätte für eine Impflicht gestimmt, weil die Impfquote in unserem Land noch zu gering ist und ich befürchte, dass wir im Herbst wieder in eine Lage kommen könnten, in der Lockdown-Maßnahmen nötig werden könnten.
Falko Droßmann: Die Debatte um die Impfpflicht wurde aus guten Gründen über einen langen Zeitraum ausführlich geführt. Das war dem Thema angemessen. Am Ende dieses Prozesses ist es leider nicht gelungen, eine Mehrheit im Deutschen Bundestag für eine Impfpflicht zur erreichen. Ich halte diese Entscheidung für falsch. Ich habe den Antrag für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren und am Ende den erarbeiteten Kompromiss für eine Impfpflicht ab 60 Jahren unterstützt.
Leider konnten wir das Ziel, so eine hohe Grundimmunität zu erreichen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, in Hinblick auf den kommenden Herbst nicht erreichen. Der CDU war bei dieser Gewissensentscheidung der parteipolitische Nutzen aber offenbar wichtiger, als das Land wirkungsvoll vor einer Pandemie zu schützen.

EW: Wie muss Deutschland die Ukraine bei ihrem Verteidigungskampf gegen den russischen Angriff unterstützen? Auch mit „schweren Waffen“?
Metin Hakverdi: Das ist im Detail sehr schwer zu sagen, weil die Antwort darauf von vielen Faktoren abhängt. Zur Zeit würde ich intensivere Waffenlieferungen – auch von schweren Waffen – unterstützen. Wichtig sind drei Ziele: Erstens muss eine Eskalation zu einem Atomkrieg oder einem unmittelbaren direkten Kriegseintritt Deutschlands oder der NATO verhindert werden. Zweitens – um es mit Olaf Scholz zu sagen – darf die Russische Föderation den Krieg nicht gewinnen. Keine Regierung darf mit einem Angriffskrieg dieser Art durchkommen. Wenn global der Eindruck entstünde, dass die Weltgemeinschaft einem Aggressor einen solchen Krieg durchgehen ließe, wären die Folgen auch für uns fatal und könnten zukünftige Eskalation verursachen.
Und drittens dürfen wir die Einigkeit des Westens unter keinen Umständen aufgeben – im Hinblick auf die russische Aggression aber mittel- und langfristig auch im Hinblick auf die Entwicklung mit China.
Falko Droßmann: Mir ist es enorm wichtig, dass die Ukraine diesen Angriffskrieg Russlands abwehren kann. Damit sie das kann, müssen wir auch schwere Waffen an die Ukraine liefern. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, nicht nur die beachtliche Zahl von 16 Millionen Schuss Munition, 100.000 Handgranaten und 5.100 Panzerabwehrwaffen an die Ukraine zu liefern, sondern auch 50 Geparden als schwere Waffensysteme für die Luftverteidigung.
Gleichzeitig müssen wir uns aber auch ehrlich machen: Die Einsparungen bei der Bundeswehr in den letzten 16 Jahren haben dazu geführt, dass wir so gut wie keine schweren Waffensysteme liefern können. Es ist deswegen sehr sinnvoll, dass wir der Ukraine zusätzlich Militärhilfen von über einer Milliarde Euro bereitstellen, damit sie sich bei deutschen Rüstungskonzernen das kaufen kann, was die Bundeswehr nicht entbehren kann. Aber es muss klar sein: Wenn Putin in der Ukraine nicht Einhalt geboten wird, wird er als nächstes unsere osteuropäischen Nachbarn bedrohen!

EW: Wie stehen Sie zu einer möglichen Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht, die bei der Bundeswehr oder im Sozialen Bereich abgeleistet werden kann?
Metin Hakverdi: Eine allgemein Dienstpflicht ist derzeit verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar. Deshalb ist das eine sehr theoretische Debatte. Ich bin aber für die Stärkung eines ehrenamtlichen, verbindlichen sozialen Dienstes. Eine Weiterentwicklung des Bundesfreiwilligendienstes wäre eine Möglichkeit.
Falko Droßmann: Als Verteidigungspolitiker lehne ich die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht mit Blick auf die Rahmenbedingungen in der heutigen Bundeswehr ab. Anders als bei der Wehrpflicht in Zeiten des Kalten Krieges mangelt es der Bundeswehr am Platz in den Kasernen, Ausbildenden und Gerät zum üben. Sprich: Als Freiwilligenarmee sind wir heute gar nicht ohne Weiteres dazu in der Lage, die vielen jungen Männer und Frauen – denn auch Frauen wären nicht von einer allgemeinen Dienstpflicht ausgenommen – sinnvoll auszubilden. Damit würden wir die Bundeswehr derzeit stark überfordern und müssten sie zuerst einmal stark umbauen. Da wir dafür weder die Zeit noch das Geld haben und nur wenige Monate Dienst Leistende keinen großen militärischen Nutzen haben, spreche ich mich gegen eine allgemeine Dienstpflicht aus. Einer Dienstpflicht im sozialen Bereich stehe ich ebenfalls kritisch gegenüber, weil damit die dringend notwendigen weiteren qualifizierten Personalausstattungen zum Beispiel in Gesundheit und Pflege nicht kämen.

Termin
Am Samstag, 7. Mai, 15 Uhr, spricht Metin Hakverdi mit dem Militärexperten und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München über Russlands Krieg in der Ukraine und die internationalen politischen Auswirkungen.
Das Gespräch wird live auf der Facebook von Metin Hakverdi und auf
www.metin-hakverdi.de/live übertragen.

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