
Von Maren Langenbach
Es ist auffallend ruhig an diesem Vormittag in der Kleiderkammer des Arbeiter-Samariter-Bundes ASB in Rissen, der größten Kleiderkammer Hamburgs. Freiwillige Helfer nehmen Kartons mit Spenden an, Ukrainerinnen mit Kindern steigen aus den Bussen der benachbarten Haltestelle. Hier können sie sich in aller Ruhe Kleidung, Spielzeug oder Geschirr aussuchen, einen Kaffee oder Tee trinken, etwas essen.
Wer mag, kommt ins Gespräch. Doch die meisten sind still, ihre Gesichter leer, so als würden sie nichts mehr erwarten. „Wir sind Deutschland und den Deutschen sehr dankbar für die Hilfe“, sagt eine junge Frau, die sich mit ihrer 15-jährigen Tochter Kleidung ausgesucht hat. Wie jeder hier, haben auch die beiden nur wenige Kleidungsstücke ausgewählt, damit alle was bekommen, wie sie sagen. Aber auch, weil sie noch nicht wissen, wo sie endgültig landen, welche Wohnung vielleicht für längere Zeit ihr Zuhause sein wird. „Unsere Gedanken sind in der Ukraine, bei unseren Angehörigen, die noch dort sind“, sagt die junge Frau noch in gebrochenem Englisch, bevor sie mit ihrer Tochter wieder in den Bus Richtung Unterkunft steigt.
„Als wir vor etwa einem Monat starteten, war der Ansturm riesig, jetzt kommen weniger Menschen zu uns. Es sollen wohl auch Einige wieder zurückgehen in die Ukraine“, erzählt Frank Hahn, einer von über 1.000 freiwilligen Helfern, die für die Kleiderkammer im Einsatz sind. „Manche Helfer unterstützen uns von zu Hause aus, telefonieren rum, wenn etwa ein Immobilienbesitzer eine Wohnung oder gar ein Haus anbietet, das aber noch möbliert werden muss“, so Hahn.

Neben ihm steht Karin. „Ich bin Anfang März für die Friedensdemo aus dem Harz nach Hamburg gekommen und geblieben. Ich hatte das Gefühl, was tun zu müssen“, sagt die 63-Jährige, die täglich in der Kleiderkammer mit anpackt. In Hamburg wohnt sie zur Untermiete. „Mein Erspartes wird wohl dafür draufgehen“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Dann ist das so. Die Arbeit hier gefällt mir sehr gut, das Team ist toll und ich kann was Sinnvolles tun.“
Aber nicht nur Deutsche, auch viele Ukrainerinnen helfen. Packen Kisten aus, unterstützen beim Übersetzen, zeigen, in welchem Raum was zu finden ist. „Die Menschen möchten etwas tun, vielleicht auch, um auf andere Gedanken zu kommen“, sagt Frank Hahn. Der 56-Jährige hat seine ganz eigene Geschichte, die ihn hierher gebracht hat: als Kriegsveteran holten ihn im Lockdown seine Erinnerungen an die Einsätze ein, Diagnose Burnout. „Durch meine Arbeit hier, hoffe ich wieder auf die Beine zu kommen. Ich helfe den Menschen, was hoffentlich auch mir helfen wird, irgendwann.“
Infos, was in der Kleiderkammer aktuell noch gebraucht wird, gibt‘s unter
www.asb-hamburg.de