Deny Lanz lebte einige Jahre in Hamburg, sang hier für die Band „Nachtfischer“. Foto: PR

HAMBURG. „Die Sliwowitz-Mama“ ist das erste Buch von Deny Lanz. Ein Buch mit Geschichten und Gedichten über Menschen, die sich häufig am Rande der Gesellschaft bewegen, an Bahnhöfen, in Kneipen und Absteigen. Lanz erzählt von seinen Reisen zu Freunden in Tschechien und Deutschland, und auch vom Alltag im Schweizer Hinterland.
Leider kommen seine Gedichte – im Titel des Buches wird es angedeutet – kaum ohne Bier, Schwarzbier, Lager, Schnaps, Wodka, Rum, Johnny Walker, Korn, Sliwowitz, Himbeergeist, Pfälzer Riesling, Prosecco, Jägermeister aus. Muss man sich Sorgen um die Gesundheit des Autors machen? Oder ist der erhöhte Alkoholkonsum eher als Ode an sein großes Vorbild Charles Bukowski zu verstehen, den „Mann mit der Ledertasche“? Immerhin: Postboten kommen auch bei Lanz vor.
Tatsächlich kann man manches Elend fast riechen: Käsefüße, ein Büro „stinkt nach staubigen Akten“, bevor die junge, alleinerziehende Mutter einsam mit der Aussicht nach Hause fährt, nicht zu wissen, wo sie mit dem Kind Weihnachten feiern kann. So kommt Lanz leider nicht so ganz ohne Klischees aus. Doch das Mitgefühl, das aus den Texten spricht, versöhnt.
Lanz stammt aus der Schweiz, aus Langenthal bei Bern, lebt heute in Olten, einer Eisenbahnerstadt, in der „am Sonntag Totenstille“ herrscht. Und manchmal scheint das Schweizerische in dem Büchlein durch, wenn das Brot ein „Baslerbrot“ ist, „halbweiss oder ruch“. Und so kann man es als Hamburger hin und wieder gedanklich in die Abteilung „Kulturstudien“ stellen.

Die Verzweiflung scheint zart durch
So ganz lassen einen die in derb-einfacher Sprache gehaltenen Gedichte und kurzen Texte dann aber doch nicht kalt, zum Beispiel wenn Verzweiflung durchscheint: „Hab den Mond gesucht in allen Ecken (…) War in Kneipen, rauf und runter, hab jeden Säufer gefragt (…) Überall hab ich nachgeschaut, war wütend und aufgeregt, den Tränen nah“.
Wir finden Lanz auch in Hamburg, wo er einige Jahre lebte, auf dem Hamburger Fischmarkt, wo er – angesichts eines „fetten Stückes geräucherter Heilbutt“ – seine vegetarische Phase beendete. Oder am Hamburger Berg auf den Spuren des Frauenmörders Honka, oder er sitzt in der S-Bahn nach Pinneberg, steht am Grab eines namenlosen Unbekannten auf dem Harburger Friedhof, dessen Leben in Lanz‘ Vorstellung aus „Arbeit, Suff, Arbeit, Suff“ bestand…
Eine ganz besondere Beziehung hat Lanz offenbar zu Hunden (und Hundeleinen): Dackel Lumpi zerbeißt die teuren Wildlederschuhe, der Postbote hat Angst vor dem Dobermann, „der nichts tut“, der Vertreter verkauft Hundeleinen aus Schlangenleder mit echten Diamanten, der Ich-Erzähler rutscht auf ihren Hinterlassenschaften aus.
In diesem Büchlein ist nichts so banal und alltäglich, dass es nicht eine Lanzsche Bemerkung wert wäre, und das ist auch die Stärke dieses schwarz-weißen Bändchens: Es fesselt mit dem Alltäglichen, auch wenn das manchmal ganz schön trübe `rüberkommt.

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