
Alkoholverbot bleibt, mehr Polizeipräsenz, Testergebnisse
zu oft positiv, Impfkampagne schlingert um die Impfstofffrage
Gaby Pöpleu, Hamburg
Die spontanen Riesenpartys im Stadtpark und in anderen Grünanlagen wie dem Jenischpark scheinen vorerst Geschichte. Die Polizei zeigte Präsenz, Polizeipräsident Ralf Meyer hatte eine „klare Kante“ angekündigt. Unter anderem an beliebten Treffpunkten im Jenischpark, auf dem Alma-Wartenberg-Platz, im Schanzenviertel, an den Landungsbrücken und auf St. Pauli ist es auch weiter zeitweise verboten, Alkohol zu trinken. Für St. Pauli und im Schanzenviertel gelten die verschärften Regeln an den Wochenenden weiter: Unter anderem darf ab 23 Uhr kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden, um alkoholbedingt unvorsichtige Annäherungen und Gruppenbildung zu verhindern.
753.000 Schnelltests
wurden in der zweiten Juniwoche in Hamburg gemacht
40 Kiezwirte, darunter Corny Littmann, Dragqueen Olivia Jones und die Hotel- und Gaststättengewerkschaft DeHoGa, fordern in einem offenen Brief an den Senat, das Ausschankverbot aufzuheben: „Nach einem katastrophalen Jahr 2020 und sieben Monaten im zweiten Lockdown, mit null Gästen und null Einnahmen, wird Euer vorsorgliches Alkoholausschankverbot für St. Paulis bunte Gastro-Vielfalt zur Existenzfrage.“ Der Senat solle sich mehr um die kümmern, die sich nicht an die Regeln hielten, statt pauschal das Feiern zu unterbinden.

Unterdessen laufen den Wirten coronabedingt die Mitarbeiter weg: „Jeder Sechste hat das Gastgewerbe im letzten Jahr verlassen“, teilt die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten mit.
Was außerdem kürzlich auffiel: Rund zwei von drei positiven Schnelltests (80 Prozent, siehe Infotext) sind falsch. Das antwortete der Hamburger Senat jetzt auf eine kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Anfang Mai waren nur 50 Prozent der positiven Tests falsch gewesen. Insgesamt wurden in der zweiten Juniwoche in Schnelltestzentren fast 308.000 Schnelltests, in Kitas knapp 29.000, in Schulen rund 382.000 und in Pflegeheimen gut 34.000 Tests gemacht, insgesamt also zirka 753.000 Schnelltests (Antigentests), von denen 218 positiv waren. Aber nur 44 davon konnten durch einen Labortest (Antikörpertest, PCR-Test, siehe Infotext) bestätigt werden.
Die Impfkampagne läuft weiter: So richtete das DRK in Hamburg für die Beschäftigten von Zoll, Bundespolizei und anderen Bundesbediensteten in der vergangenen Woche bei der Generalzolldirektion in Hamburg ein eigenes Impfzentrum mit drei Ärzten und sechs weiteren Mitarbeitern ein. Rund 2.700 Mitarbeiter des Bundes aus ganz Norddeutschland können sich knapp zwei Wochen lang dort impfen lassen.

Sechs mobile DRK-Impfteams sind noch im Stadtgebiet unterwegs, um Menschen beispielsweise in Flüchtlingsunterkünften und Seniorenheimen zu impfen. Die Impfungen von Obdachlosen – knapp 1.900 Menschen nahmen das Angebot an – sind inzwischen abgeschlossen, teilte die Sozialbehörde mit. Ausdrücklich wurden Studierende aufgerufen, sich impfen zu lassen, damit im Wintersemester an der Uni wieder gefahrlos in den Hörsälen statt am heimischen Laptop studiert werden kann.
Außen vor bleiben noch immer Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren: Wie schon die Ständige Impfkommission empfiehlt auch die Sozialbehörde die Corona-Impfung mit dem bisher einzigen zugelassenen Impfstoff von Biontech nur für vorerkrankte Kinder.
Ansonsten schlingert die Impfkampagne zwischen Knappheit und verfallenen Terminen: Während auch das Hamburger Impfzentrum in der vergangenen Woche viele verpasste Zweittermine meldete, versuchten AstraZeneca-Erstgeimpfte offenbar, sich durch Buchung eines neuen Ersttermins den Biontech-Impfstoff für die Zweitimpfung zu erschleichen. Vollkommen unnötig wurden so Termine blockiert: Alle Hamburger, die beim ersten Termin mit AstraZeneca geimpft worden sind, bekommen seit vergangener Woche beim zweiten Termin sowieso einen mRNA-Impfstoff (Biontech, Moderna), teilte die Gesundheitsbehörde mit.
Doch Impfstoff fehlte zwischenzeitlich, sodass keine neuen Termine vergeben werden konnten, bis am Mittwoch Vakzin für 20.000 Impfwillige (Terminbuchung unter ( 116 117 oder www.impfterminservice.de) ankam. Sollte wider Erwarten Impfstoff übrigbleiben, kann er an den Bund zurückgegeben werden, versicherte Sozialsenatorin Melanie Leonhard.
Corona-Zahlen
Die Sieben-Tage-Inzidenz (Anzahl der durchschnittlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner) beträgt in Hamburg 9,1 (Stand 6. Juli). Seit Beginn der Pandemie haben sich 77.516 Hamburger mit Corona infiziert, rund 75.400 Personen gelten als geheilt (Stand 6. Juli). 685.500 Hamburger sind vollständig geimpft (Stand 4. Juli). Laut Robert-Koch-Institut sind bislang 1.597 Menschen in Hamburg an Corona gestorben (Stand: 6. Juli). Die zuerst in Indien entdeckte Delta-Virusvariante wurde in Hamburg bislang in 121 Fällen nachgewiesen (+59, Stand 6. Juli).
Das können Coronatests
Die eingeschränkte Aussagekraft von Schnelltests wirft die Frage auf: Welche Tests gibt es überhaupt, und was leisten sie? Eine Zusammenfassung:
– Antigentest (umgangssprachlich „Schnelltest“, Selbsttest): Er kann im Schnelltestzentrum von Fachpersonal, aber auch zuhause, in Kita, Schule, Büro angewendet werden. Der Schnelltest misst, ob Coronaviren im Nasensekret oder Rachenraum vorhanden sind. Dauer: circa 20 Minuten, Kosten: inzwischen ab circa zwei Euro für Zuhause, kostenlos in Testzentren, relativ unsicher.
– PCR-Tests können nur in Laboren gemacht werden. Sie messen über das Rachen- oder Nasensekret recht genau, ob und wie viele Erreger vorhanden sind. Nachteil: Das Ergebnis dauert meist mindestens 24 Stunden.
– PCR-Schnelltests („auch Kartuschentests“): Wenden die gleichen, aber stark vereinfachten Methoden wie PCR-Tests an und sind deshalb ungenauer. Vorteil: Sie müssen nicht im Labor gemacht werden. Das Ergebnis gibt‘s nach ein- bis zweieinhalb Stunden.
– Antikörpertest: Davon gibt es zwei Varianten:
1. reiner Antikörpertest. Er kann nur in Laboren gemacht werden. Dafür wird etwas Blut gebraucht. Der Test misst, wie viele Antikörper im Blut sind. Liefert sichere Information, ob man Corona hatte oder gerade hat, Kosten: etwa 20 Euro.
2. Neutralisationstest. Im Labor wird etwas Blut untersucht. Der Test misst über das Blutserum, wie gut vorhandene Antikörper das Virus unschädlich machen, und zeigt damit, wie gut man geschützt ist. Kosten: 50 bis 60 Euro.