
Ehemaliges Euler-Hermes-Hochhaus wird ab 2021 abgerissen
Ein Koloss wird ausgeweidet: Hier ein Berg von Kabeln, dort ein Haufen alter Kupferrohre – und ansonsten nichts als nackter Beton bis hinauf in die 23. Etage. „Sie müssen sich das vorstellen wie bei einem riesengroßen gelben Sack“, sagt Erwin Schulenberg, Polier bei der Firma BST Becker und einer der Hauptverantwortlichen für den Rück-bau des ehemaligen Euler-Hermes-Gebäudes in der Friedensallee. „Metalle, Elektrik, Verkleidung – alles, was geht, wird wiederverwertet.“ Auch die speziellen, nicht-rostenden Fassadenteile des markanten Halbrund-Baus aus den 1980er-Jahr-en sollen in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt werden. „Nur die asbesthaltigen Rigipsplatten kommen in den Sondermüll“, sagt der Baustellenleiter.
Nachdem die rund 1.200 Mitarbeiter der Euler-Hermes-Versicherung Anfang des Jahres in den unmittelbar benachbarten Neubau in der Gasstraße umgezogen sind, bereiten Bauarbeiter nach und nach den Abriss des 86 Meter hohen Büroturms vor. Ab Anfang nächsten Jahres werden sich mehrere kleine Bagger vom Dach des Gebäudes Stockwerk für Stockwerk nach unten hin „durchfressen“. Geplant ist also ein „sanfter“ Abriss – eine Sprengung wäre aufgrund der dichten Wohnbebauung nicht möglich.
Sobald die Arbeiten etwa auf halber Höhe des Gebäudes angekommen sind, helfen von unten her sogenannte „Longfront“-Bagger mit bis zu 40 Metern Reichweite bei der Demontage mit. Das Besondere: Weil diese Bagger extrem tragfähigen Untergrund benötigen, müssen die Tiefgaragen unterhalb des Gebäudes zuvor mit Betonschutt komplett ausgefüllt werden. „Anderenfalls würden die Decken durchbrechen“, sagt Schulenberg.
Ab Ende 2021 sollen auf dem Gelände etwa 460 neue Wohnungen entstehen – zwei Drittel davon als normale Mietwohnungen, ein Drittel als Sozialwohnungen. Auf insgesamt vier Baufeldern werden mehrere Wohngebäude mit fünf bis acht Geschossen errichtet. Bauherrin ist die Firma Quantum. „Geplant sind außerdem grüne Innenhöfe, ein zentraler Quartiersplatz mit Kinderspielplatz, eine Kita und etwa 1.000 Quadratmeter Gewerbefläche an der Grenze zum Kolbenschmidt-Gelände“, sagt Quantum-Projektleiter Christian Stephan. Zu den Baukosten machte das Unternehmen keine Angaben.
Hintergrund:
Mit seinen 86 Metern Höhe war das frühere Euler-Hermes-Hochhaus das zweit-höchste Bürogebäude der Stadt Hamburg. Autofahrer, die von Westen her die Innenstadt anfahren, ist es als Wahrzeichen bekannt. Aufgrund der schlechten Ökobilanz des Gebäudes beschloss das Unternehmen, den Standort des seit 1981 bestehenden Hamburger Firmensitzes aufzugeben. Das neue Gebäude liegt nur wenige 100 Meter entfernt in der Gasstraße.