
Bürgerbegehren gegen das Bauvorhaben „Spreehafenviertel“ nimmt erste Hürde – schon 2.079 gültige Stimmen gesammelt
Olaf Zimmermann, Wilhelmsburg.
Der seit drei Jahren andauernde Kampf um den Wilden Wald im Spreehafenviertel geht in die nächste Runde. Im Bürgerbegehren gegen das Bauvorhaben „Spreehafenviertel“ wurden bereits 2.079 gültige Stimmen gesammelt – ein Drittel der für den Erfolg des Bürgerbehrens erforderlichen Stimmen. Jetzt dürfen der Bezirk Mitte und die IBA GmbH vorerst keine weiteren Maßnahmen zur Errichtung des „Spreehafenviertels“ im Dreieck zwischen Georg-Wilhelm-Straße und Harburger Chaussee ergreifen. „Das ist ein wichtiger erster Schritt“, freut sich Regina Leidecker im Namen der Initiative „Waldretter Wilhelmsburg“, die das Bürgerbegehren auf den Weg gebracht hat.
Das „Drittelquorum“ wurde erreicht, obwohl wegen des Corona-Lockdowns zwei volle Monate lang keine Unterschriftensammlungen möglich waren. Da weiterhin Veranstaltungen ausfallen und Begegnungen im öffentlichen Raum eingeschränkt sind, wurden in ganz Hamburg die Fristen für laufende Bürgerbegehren verlängert. Die Initiative „Waldretter Wilhelmsburg“ hat nun voraussichtlich noch bis Oktober Zeit, die fehlenden 4.210 Unterschriften zu sammeln.
Wichtig: Da es sich um ein bezirkliches Bürgerbegehren handelt, dürfen sich auch nur Bürger aus dem Bezirk Mitte beteiligen. Nicht nur die 50.000 Wilhelmsburger, sondern auch die Einwohner von Hamm, Horn, Billstedt, Hafencity, Neustadt, St. Georg und Teilen St. Paulis.
„Wir werden uns jetzt besonders anstrengen, außerhalb Wilhelmsburgs Unterschriften einzusammeln. Auf der anderen Seite der Elbe wissen zwar viele erst mal gar nicht, wo sich der Wilde Wald überhaupt befindet“, erklärt Regina Leidecker. „Wenn sie ihn dann aber einmal kennengelernt haben, kommt meist sofort die Frage: ‚Wie kann ich euch unterstützen?‘“
Die Initiative sucht noch Aktive, die beim Sammeln der Stimmen helfen. Mehr Infos gibt’s per E-Mail an info@waldretter.de
Das ist geplant
Das Spreehafenviertel umfasst einen etwa 18 Hektar großen dreieckigen Bereich zwischen Reiherstiegviertel, Ernst-August-Kanal und dem Spreehafen. Zwei Drittel des Geländes bestehen aus unterschiedlichen Grünflächen, davon sind rund zehn Hektar Wald. Rund 1.000 Wohnungen sollen hier gebaut werden.
Der von der Jury ausgewählte „Biwermau-Entwurf“ sieht vor, dass der Wald größtenteils abgeholzt wird. Entlang der Harburger Chaussee sind drei Wohnblöcke vorgesehen, die sich zur südlichen Wasserseite am Ernst-August-Kanal öffnen. Als zentrales Bindeglied zwischen dem Quartier Vogelhüttendeich und dem Spreehafenviertel soll ein neu geschaffener Quartiersplatz mit Sitzstufen zum Wasser dienen.
Bestehenden Radwege sollen ausgebaut und mit der Veloroute zum Elbtunnel verbunden werden. Der Baumbestand soll im Süden des Quartiers in einem rund 30 Meter breiten, grünen Uferstreifen erhalten werden.
Hintergrund
Die große Naturfläche im Nordwesten Wilhelmsburgs ist nach der Sturmflut 1962 entstanden, auch der große auwaldähnliche Pionierwald westlich der Georg-Wilhelm-Straße, der hauptsächlich aus Weichhölzern wie Weiden, Erlen und Pappeln besteht. Diese Fläche ist auch offiziell als Wald ausgewiesen.
Im Rahmen eines öffentlichen Beteiligungsverfahrens konnten die Bürger ihre Vorstellungen einer maßvollen Bebauung darlegen. Im von einer Jury ausgewählten Entwurf wurde davon allerdings nur wenig berücksichtigt.
Für die Umsetzung der Pläne müssen ein Bebauungsplan aufgestellt und der Flächennutzungsplan geändert werden. Das Bezirksamt Mitte spricht von „komplexen Rahmenbedingungen“. So ist bislang ungeklärt, wie und wo der massive Eingriff in die Natur ausgeglichen werden kann. In Hamburg gibt es dafür keine geeigneten Ausgleichsflächen. Die Wirtschaftsbehörde hat ein 6,03 Hektar großes Gelände bei Horneburg in Niedersachsen vorgeschlagen. Ob dieser Weg juristisch sattelfest ist, wird geprüft.