Dieser Artikel stammt aus unserem aktuellen „Binnenhafen live“-Magazin. Die nächste Ausgabe wird Ende Mai erscheinen, unmittelbar vor dem Binnenhafenfest.
Folke Havekost, Harburg.
Deniz Barış ist im Moment viel unterwegs. Hier ein Arbeitstreffen mit Architekten, dort eine Handwerkerbesprechung zum Dachboden- ausbau, zwischendurch eine Reise zur Möbelmesse nach Köln – und dann ist da ja noch U-Nic, sein Projekt am Harburger Binnenhafen. In der letzten großen Baulücke in der Theodor-Yorck-Straße sollen bis zum Herbst nächsten Jahres 4.700 Quadratmeter Bürofläche und 85 per Fahrstuhl erreichbare Parkplätze entstehen.
Das Gelände auf dem einstigen Güterbahnhof erwarb der ehemalige Profikicker bereits 2014, als sich seine Fußballerkarriere bei Antalyaspor dem Ende zuneigte. Inzwischen liegt ein Entwurf des Hamburger Architektenbüros Giorgio Gullotta vor, das gerade für sein Projekt „Schanzenlofts“ mit dem German Design Award ausgezeichnet worden ist.
Das Binnenhafen-Projekt greift das englische Wort für einzigartig, unique, auf und trägt ein großes U, weil der Baukörper U-förmig angeordnet ist. „Die vertikalen Elemente machen das Design besonders, es wirkt ein bisschen wie eine gotische Kathedrale“, sagt Heinrich Wilke von der Firma Imentas, die sich um die Vermietung der Flächen kümmert: „Die Nachfrage ist gut, gerade Firmen aus dem Kreativ- und Innovationsbereich spricht die Flexibilität der unterschiedlichen Raumkonzepte an.“
Als Ankermieter für die Büroflächen zwischen 240 und 1.500 Quadratmetern ist die LinksRechts GmbH vorgesehen, die Beleuchtungssysteme für Marineschiffe entwickelt. Das hochspezialisierte Unternehmen will aus Seevetal nach Harburg zurückkehren, wenn der Bau abgeschlossen ist, und dann im Erdgeschoss auch einen kleinen Werkstattbereich einrichten. Dazu mussten zuletzt noch kleine Details geklärt werden, was etwa die benötigte Leitfähigkeit zur Produktion betrifft.
Der vielbeschäftigte Barış hat den Bauantrag gestellt und darf auf Unterstützung der Lokalverwaltung hoffen. „Der Entwurf ist ein echtes Highlight für den Binnenhafen“, schwärmte Harburgs Baudezernent Jörg-Heinrich Penner bei der Vorstellung der Pläne. Der Bauherr selbst macht nicht viel Aufheben, große Worte waren schon in seiner Fußballerzeit nicht das Ding des Aufbauspielers. Getreu dem Motto: Entscheidend ist auf dem Platz. Auch wenn’s ein Bauplatz ist.
Fitness Lounge war Barış’
erstes Immobilienprojekt
Szenenwechsel: In einer alten Kautschukfabrik dehnen sich die Körper fast wie das Gummi, das hier einst produziert worden ist. Power Plate, Hot Iron, Bauch X-Press – die Fitness Lounge in der Hans-Fitze-Straße bietet ein reichhaltiges Angebot. Das Frauen vorbehaltene Studio ist 2008 das erste größere Immobilienprojekt von Barış in Harburg gewesen. Durch die Rundbogenfenster lässt sich in alle Himmelsrichtungen verfolgen, was draußen gerade passiert.
Und das ist ja einiges: Die Binnenhafen-Region verändert sich, und der dreifache Vater Barış ist mittendrin. Für seine Fußballkarriere schmiss er einst sein Studium, das ihn zum Bauingenieur gemacht hätte. Nun mischt er als Bauherr mit. Was beim ersten Mal nicht geht, ist meistens einen zweiten Versuch wert. Wie im Leben, so im Fußball. „Er legt Wert auf hochwertige Materialien und Design“, skizziert Wilke. „Die Möbelmesse in Köln war interessant, sehr international“, berichtet Barış und schmunzelt: „Da kann man aber auch sehr viel Geld ausgeben.“
Rückblende: Kurz nach seiner Geburt im mittelosttürkischen Kemah zog seine Familie nach Neuenfelde, wo der Vater als Schweißer auf einer Werft arbeitete und Deniz mit sechs Jahren begann, für die Spielvereinigung Este 06/70 zu kicken. Zusammen mit seinen beiden Brüdern Bülent und Engin führte er die Altländer bis in die Verbandsliga – und weckte das Interesse des FC St. Pauli, der den damals 21-Jährigen 1999 unter Vertrag nahm. Engin galt lange als talentierter, Deniz biss sich fest. Schon in der Nachwuchsmannschaft der Kiezkicker ließ sich beobachten, dass der Verteidiger nicht nur dem Nachnamen nach ein bisschen dem großen Mailänder Libero Franco Baresi ähnelte.
Der Rest ist Geschichte: Mit seinem Kopfball zum 2:1 beim 1. FC Nürnberg beförderte Barış St. Pauli am 20. Mai 2001 in die Bundesliga. St. Paulis Organisationsleiter Sven Brux gab seinem Sohn darauf den Namen Vito Deniz. In St. Paulis Geschichtsbüchern hatte sich Barış damit verewigt, im Tagesgeschäft Fußball zerriss aber bald das Band zwischen dem Aufstiegshelden und dem Verein. Mit dem Erstliga-Abstieg 2002 trennte sich der Kiezklub von Barış – nach 20 Auftritten in der 1. Liga befanden ihn die Verantwortlichen nicht einmal für zweitligatauglich. Barış wechselte in sein Geburtsland zu Genclerbirligi Ankara. Während er dort mit dem Hauptstadtklub erst das türkische Pokalfinale und dann das Achtelfinale des UEFA-Cups erreichte, stieg St. Pauli ohne ihn sogar aus der 2. Liga ab und stand kurz vorm Ruin.
Für Barış begann dagegen die zweite Karriere am Ball. Nach zwei Jahren in Ankara wechselte er zum Topklub

Grafik: giorgio gullotta archtitekten
, mit dem er zweimal türkischer Meister wurde. Als er 2014 nach 232 Einsätzen in der höchsten Liga und 21 Länderspielen für die Türkei seine Buffer an den Nagel hängte, kannte ihn am Bosporus fast jeder. Auf ebay wird sein „Foto original signiert“ im schwarz-gelben Fenerbahce-Dress immer noch – oder schon wieder – zu 4,99 Euro gehandelt.
Ankermieter soll
LINKSrechts GmbH werden
Günstig zumindest im Vergleich mit den Beträgen, die bei der Umgestaltung des Binnenhafens bewegt werden. „In den vergangenen fünf Jahren stand der Wohnungsbau im Vordergrund, jetzt kommt es verstärkt zu gewerblichen Neubauten“, fasst Imentas-Geschäftsführer Wilke die Entwicklung zusammen: „Die Mischung muss stimmen. Und auch, wenn noch nicht jedes Detail feststeht, zeichnet sich doch ab, dass U-Nic eine schicke und coole Location wird.“
Darauf setzt auch Patrick Suhrbier: „Ich fahre jeden Tag aus Bahrenfeld durch den Tunnel hierher“, sagt der Prokurist des künftigen Ankermieters LinksRechts: „Aber was im Binnenhafen passiert, ist schon cool.