
Der Betrieb von Kindertagesstätten ist
finanziell attraktiv – und bringt neue Mitglieder
Olaf Zimmermann, Wilhelmsburg. Immer mehr Vereine in Hamburg entdecken ein neues Geschäftsfeld: Kindertagesstätten. Im Bezirk Harburg waren der Harburger SC und der TV Fischbek Vorreiter. Der Harburger Turnerbund (HTB) will im April 2021 seine Kita „Jahnwichtel“ eröffnen. Und auch die Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT), der SV Wilhelmsburg (SVW) und die Hamburg Towers beschäftigen sich intensiv mit dem Thema.
Warum sind Kindertagesstätten für Sportvereine attraktiv? „Für Sportvereine ist die Gründung von Kitas naheliegend und attraktiv, denn so erreichen sie die Jüngsten schon sehr früh und können eine Bindung zum Sportverein und eine Begeisterung für Sport herbeiführen“, sagt Frank Fechner, Vorsitzender des Eimsbütteler Turnverband (ETV). „Insbesondere bei Bewegungskitas sind Sportvereine in ihrer Kernkompetenz angesprochen und können ein Profil anbieten, das andere Kitas nicht haben oder nicht so überzeugend ausfüllen können.“
Außerdem sind Kitas für Vereine lukrativ. „Mit Sicherheit werden die Betreiber einer Kita Geld mit ihr verdienen. Die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist weiterhin groß und wird im Süderelberaum durch den Zuzug von Menschen auch nicht abnehmen“, erläutert HNT-Präsident Marc Schepanski.
Die HNT, ein 5.300 Mitglieder starker Verein, plant kurzfristig keine eigene Kita – liebäugelt aber mit dem Bau eines Sporthauses auf dem Gelände am Opferberg. Dann könnte auch eine Kita entstehen. Schepanski: „Die Entwicklung einer Sport-Kita kann eine gute Ergänzung zu unserem sportlichen und pädagogischen Angebot sein.“
In Wilhelmsburg sollen in den nächsten Jahren über 5.000 neue Wohnungen entstehen. Wenig überraschend, dass sich die Verantwortlichen auch beim SV Wilhelmsburg seit Längerem damit auseinandersetzen, eine eigene Kita zu gründen. „Natürlich bietet das für Sportvereine eine sehr gute Gelegenheit, Kinder schon ganz früh für den Sport zu begeistern, sie an verschiedene Sportarten heranzuführen und dann auch an den Verein zu binden – von Anfang an wären die Kleinen Teil unser-er Sportgemeinschaft“, sagt SVW-Geschäftsführer Philip Wendt. „Bisher haben wir allerdings noch keine endgültige Entscheidung diesbezüglich getroffen. Vor allem der Bau unserer neuen Anlage am Karl-Arnold-Ring ist derzeit unsere Priorität.“
Für die Hamburg Towers, die zu einem Quartiersverein auf der Elbinsel werden möchten, sagt Oliver Eckardt (Marketing & Events): „Eine eigene Kita ist perspektivisch angedacht, eventuell innerhalb von zwei bis drei Jahren.“ Konkrete Planungen gibt es aktuell aber noch nicht.
Der Bau eines Kindergartens kann von Sportvereinen auch finanziell gestemmt werden. „Durch das Kita-Ausbauprogramm des Bundes wird der Bau von Kitas erheblich bezuschusst, sodass die Investition für Vereine leistbar ist. Der Betrieb einer Kita finanziert sich über die Kita-Gutscheine verlässlich und kann bei größeren Kitas mit mehr als 80 Kindern und bei gutem Management auch Überschüsse abwerfen“, sagt ETV-Chef Fechner.
Hintergrund
Lange Wartelisten zeigen: In Hamburg fehlen Kita-Plätze.
Wie viele Plätze es genau sind, ist unklar. „Im nachfrageorientierten Hamburger Kita-Gutschein-System erfolgt keine zentrale Angebotsplanung seitens des öffentlichen Jugendhilfeträgers“, teilt die zuständige Behörde in bestem Amtsdeutsch mit.
Das heißt im Klartext: Der Bedarf wird nicht zentral ermittelt, die Kita-Träger vor Ort können über die Einrichtung neuer Kitas selbst entscheiden.
Im Bezirk Harburg haben sich aktuell in 65 Fällen Eltern an die Verwaltung gewandt, weil sie keinen Kita-Platz für ihr Kind finden. In den 14 Elbkinder-Kitas im Bezirk gibt es Wartezeiten von sechs Monaten bis zu zwei Jahren.
Betreute Kinder im Kita-Gutscheinsystem
(Stand 1.3.2019)
Altona: 12.689 (davon 4.023 Krippe); 205 Kitas
Eimsbüttel: 12.066 (davon 4.386 Krippe); 204 Kitas
Mitte: 12.835 (davon 4.179 Krippe); 152 Kitas
Harburg: 6.532 (davon 1.929 Krippe); 81 Kitas