
Olaf Zimmermann, Hamburg-Süd.
Wer ist dafür verantwortlich, dass von den Stollen des ehemaligen Bergwerks Robertshall keine Gefahr ausgeht? Die Beantwortung dieser schlichten Frage bereitet den Behörden in Hamburg und Niedersachsen Kopfzerbrechen. „Die Antwort wird nachgereicht“, heißt es aus der Verkehrsbehörde. Die Bergwerksstollen richten sich nicht nach Ländergrenzen. Nur drei Stollen befinden sich auf hamburger Gebiet, elf aber unter niedersächsischem Boden.
Als „Verantwortliche“ in Frage kommen: das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) sowie der Eigentümer des Geländes, die Stadt Hamburg. Das LBEG ist Bergbehörde für Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg.
Klar scheint: Nach der Stilllegung des Bergwerks Robertshall im Jahr 1922 hat sich niemand um den Zustand der Stollen, die auf einer Gesamtstrecke von 25 Kilometern das Gebiet durchziehen, gekümmert. Einstürze wurden bereits 1926 registriert. Im Jahr 2001 führte Rolf Weiß (Verein Bergwerk) zusammen mit fünf Studenten 15 Bohrungen durch. Ergebnis: Ab fünf Meter Tiefe war fast überall Braunkohle, zwei Stollen wurden angebohrt, Hohlräume waren erlennbar. „Diese Fotografien und Dokumentationen liegen dem Helmsmuseum seit fast 20 Jahren vor“, so Rolf Weiß.
Ende 2017 führte Weiß Bodenradarmessungen durch. Ergebnis: An 13 Stellen queren Stollen die Straße; mehrere bedenkliche Stellen wurden entdeckt; die Information weitergeleitet. Konsequenzen für die Straßenbauarbeiten am Ehestorfer Heuweg wurden nicht gezogen. Der zuständige Landesbetrieb Straßen, Brücken, Gewässer (LSBG) ging unbeirrt davon aus, dass im Bereich der Straße alle Stollen ordnungsgemäß verfüllt seien. Das Resultat: Am 11. September sackte der Boden während der Bauarbeiten an einer Stelle plötzlich fünf Meter ein.
Der Bereich wird jetzt zweimal täglich kontrolliert und fotografiert. Eine unmittelbare Gefahr für die 630 Meter entfernte Waldorfschule scheint nicht zu bestehen. „Nach den dem LSBG vorliegenden Unterlagen des ehemaligen Bergwerks gibt es keine Stollen unter dem Gelände der Schule“, sagt Christian Füldner, Sprecher der Verkehrsbehörde.
Wie geht es jetzt weiter? „Die Arbeiten werden fortgesetzt. Eingestellt sind nur die Arbeiten im Umkreis von 50 Metern um die Einsturzstelle“, so der Behördensprecher. Dort kann erst weitergemacht werden, nachdem der Untergrund untersucht und anschließend tragfähig gemacht worden ist. Christian Füldner: „Die dafür notwendige Dauer ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau bestimmbar.“
Anwohner des Ehestorfer Heuwegs treffen sich am Dienstag, 8. Oktober, um 19 Uhr im Landhaus Jägerhof.
Das sagt das LBEG
Heinke Träger, Sprecherin des niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) sagt: „Selbstverständlich kümmern wir uns auch auf niedersächsischer Seite um das ehemalige Bergwerk Robertshall. Intern sind unsere Fachkollegen zurzeit dabei, sämtliche uns vorliegenden Akten des Bergwerks betreffend durchzuarbeiten, um sich ein möglichst klares Bild zu verschaffen. Parallel dazu haben wir bereits für die eigentlichen Erkundungsarbeiten den Auftrag an ein Ingenieurbüro vergeben. Zurzeit planen wir nicht, weitere Berater hinzuziehen.
Im Fokus der Erkundungen steht der Ehestorfer Heuweg. Bei Stilllegung des Werkes sollen die Strecken unter dem Ehestorfer Heuweg verfüllt worden sein. Zurzeit gehen unsere Fachleute von der Annahme aus, dass das Füllmaterial unter der Straße ins Grubengebäude abgerutscht ist, so dass sich Hohlräume bilden konnten, die zu dem Tagesbruch geführt haben. (…)
Um den Bereich der Straße abschließend sichern zu können, müssen voraussichtlich auch die Strecken neben der Straße verfüllt werden. Ziel der Erkundung ist es also, zu prüfen, wie die Strecken untertage tatsächlich aussehen – ob Hohlräume vorhanden sind oder ob vollständig verfüllte Strecken erhalten sind. Dazu müssen Kontrollbohrungen durchgeführt werden. Wir planen zurzeit eine Infoveranstaltung, um die Anwohner zu informieren.“
Mitarbeit nicht erwünscht
Der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken, Gewässer (LSBG) hat einen Gutachter beauftragt, den Zustand der Stollen des ehemaligen Bergwerks Robertshall zu untersuchen. Zur Unterstützung dieses Gutachters sollte Historiker Rolf Weiß (Verein Bergwerk Robertshall) auf Honorarbasis verpflichtet werden. Weiß erhielt per E-Mail eine entsprechende Anfrage – und machte sich gleich an die Arbeit und erstellte eine Gefahrenkarte. Kaum 24 Stunden später ruderte der LSBG zurück, von einer Zusammenarbeit war auf einmal keine Rede mehr.
Was war passiert? „Das beauftragte Ingenieurbüro des LSBG wollte seine Untersuchungen als eine Quelle von vielen nutzen. Ein Vertrag war noch nicht zustande gekommen“, sagt Christian Füldner, Sprecher der Verkehrsbehörde. Dann entschied sich der Hamburger Landesbetrieb, bei der Untersuchung das niedersächsische Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) zu Rate zu ziehen. Dort hat man von Rolf Weiß offenbar keine gute Meinung. „Nach Rücksprache mit dem LBEG haben wir den Eindruck gewonnen, dass dort ausreichend Expertise und Informationen vorliegen, um die Thematik hinreichend zu untersuchen und konkrete Umsetzungsvorschläge zu entwickeln“, berichtet Behördensprecher Füldner. „Die von Herrn Weiß geleistete Arbeit für einen Tag wird von Seiten des LSBG vergütet, da Herr Weiß aufgrund der E-Mail im Vertrauen auf die Auftragsvergabe bereits einen Tag gearbeitet hat.“
Rolf Weiß hat für die schnelle Ausbootung eine einfache Erklärung: „Ich habe gegen das Bergamt Clausthal Zellerfeld vor zehn Jahren einen Prozess geführt und gewonnen. Das haben die wohl nicht vergessen.“