
Reinhard Schwarz, ALTONA
Versonnen blickt Archivleiter Wolfgang Vacano auf seine Bildern vom Altonaischen Unterstützungs-Institut (AUI) und sagt: „Es war Deutschlands zweitälteste Sparkasse.“. Anschließend zeigt er dem Besucher eine Festschrift aus dem Jahre 1899, dem 100-jährigen Bestehen des Instituts. Als das Institut am 28. Januar 1799 von Altonaer Bürgern gegründet wurde, gab es noch kein Deutschland, wie wir es kennen. Das Land war in zahlreiche Fürstentümer und Königreiche zersplittert. Wie auch immer: Das Unterstützungs-Institut spielte eine große Rolle in Altonas Wirtschaft.
„Das AUI hat sich an der Finanzierung öffentlicher Einrichtungen beteiligt“, so Vacano, „nach dem Motto: Wir leben und verdienen in Altona – und können daher etwas zurückgeben.“ So war die Sparkasse an der Gestaltung des heutigen „Platz der Republik“ (früher „Kaiserplatz“, später „Adolf-Hitler-Platz“) beteiligt. Heute erinnert am Rande des Platzes noch eine große Gedenkplatte aus dem Jahr 1899 an diese Spende. Vacano: „Das AUI hat mit günstigen Krediten zum Beispiel den Neubau des Bahnhofs mit finanziert. Und es hat auch Stipendien an mittellose Studenten vergeben.“ Wer im Vorstand des Instituts saß, gehörte in Altona zum angesehensten Teil der Gesellschaft, schildert der Archivar und Autor zahlreicher Bücher. Die Sparkasse verfügte über mehrere Zweigstellen
Das Institut wurde
in der Nazizeit aufgelöst
Informationen über das AUI sind spärlich in der Literatur zu finden. Aber es gibt sie. So schreibt der Autor Holmer Stahncke in seiner Geschichte Altonas von 2014: „Das Institut hatte klar umrissene Ziele. Man bemühte sich, durch Unglücksfälle in Not geratenen Mitbürgern zu helfen.“ Zitat aus einer AUI-Bekanntmachung: „Insonderheit unvermögenden Fabrikanten, Handwerkern und Künstlern, die zu ihrem Gewerbe die nötige Geschicklichkeit besitzen und eine begründete Hoffnung von sich geben, daß sie durch Thätigkeit und Fleiß sich aus ihrer bedrückenden Lage heraus ziehen werden‘ zu helfen.“ Die Hilfe sollte den Betroffenen unabhängig von deren religiösen Bekenntnis zukommen.
Die Mittel dazu kamen von der 1801 angeschlossenen Sparkasse. AUI-Gründungsmitglieder waren unter anderem Kaufmann Peter Theodor Zeise (1757-1812), Pastor Johann Adrian Bolten (1742-1807) und Bürgermeister Caspar Siegfried Gähler (1747-1825). Initiator war der Justizrat Heinrich Wilhelm Lawaetz (1748-1825).
Das Unterstützungs-Institut wurde samt Sparkasse während der Nazi-Herrschaft liquidiert. Die genauen Gründe hierfür liegen im Dunkeln. Möglicherweise passte den Nazis die ganze – menschenfreundliche – Richtung nicht. Denn das AUI bezog seine Inspiration aus der – vernunftorientierten – Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Religiöse Toleranz war ein Teil dieser damals noch neuen Ideen. Lawaetz forderte in der „Fundations-Acte“ des Vereins „menschenfreundliche und mildthätige Bürger“ zur Mitwirkung auf (Festschrift „350 Jahre Altona“, 2014).
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