
Siegmund Borstel/DRK, Süderelbe
Sie wissen selbst, wie schwer es ist, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden: Zehn Frauen und Männer aus fünf verschiedenen Herkunftsländern sind nach dreimonatiger Schulung ab sofort als neue DRK-Elternlotsen in Neugraben-Fischbek oder als neue DRK-Nachbarschaftsmütter in Neuwiedenthal im Einsatz. Sie unterstützen neu zugezogene Familien bei Schwierigkeiten im Alltag, zum Beispiel im Kontakt mit Behörden, Kita oder Schule.
Mit den zehn Neuzugängen sind nun insgesamt 31 durch das Harburger Rote Kreuz betreute Elternlotsen in den Süderelbe Quartieren unterwegs, die sich in etwa einem Dutzend verschiedener Sprachen verständigen können. Sie wohnen schon länger hier, kennen sich vor Ort gut aus – und engagieren sich, um anderen Familien mit Migrationshintergrund den Einstieg zu erleichtern. Eine Ausweitung des Elternlotsen-Projekts auf weitere Stadtteile ist nach Angaben des DRK derzeit aber nicht angedacht.
„Sie können Brücken bauen, die wichtig sind, manchmal sogar überlebenswichtig“, sagte DRK-Vorstand Harald Krüger. Er verwies auf den tragischen Unfall, bei dem Mitte Juni in Neugraben ein fünfjähriger Junge in ein Wasserbecken stürzte und starb.
Der Vater hatte, bevor er selbst mit Herzproblemen zusammenbrach, verzweifelt versucht Hilfe zu rufen, die Notrufnummer 110 aber wohl nicht gekannt.
„Dieses dramatische Ereignis muss ein zusätzlicher Ansporn für uns sein, allen Menschen, die bei uns leben, die wesentlichen Informationen darüber an die Hand geben, wie das Leben hier funktioniert. Denn was wir für selbstverständliches Wissen halten, stellt sich nicht automatisch ein“, so Krüger.
Praktisches Alltagswissen an Neuzugezogene vermitteln will auch Mohmad Mazen Bardisy. Der 58-jährige Mediziner, der vor drei Jahren aus Syrien flüchtete, ist einer der neu geschulten Elternlotsen und „ein vorbildlicher Brückenbauer“, lobte Tina Reuter, die das Projekt gemeinsam mit ihrem Kollegen Jan Gefe leitet. „Ich denke, dass ich Familien besonders bei Arztbesuchen oder Klinik- aufenthalten gut unterstützen kann, unter anderem durch Übersetzen aus und ins Arabische“, erklärt Bardisy.
Leah Njuguna, die vor 13 Jahren aus Kenia nach Hamburg kam, wird vor allem Familien aus Afrika Begleitung und Hilfe anbieten. Sie selbst hat drei Kinder, lebt in Neuwiedenthal und kennt die wichtigen Anlaufstellen im Quartier.
Die Finanzierung des DRK-Elternlotsenprojekts
Elternlotsenprojekte werden in Hamburg mit einer Sockelfinanzierung von 63.000 Euro von der Sozialbehörde unterstützt. Die Träger, hier das DRK, müssen sich um ergänzende Mittel bemühen. Der Bezirk Harburg unterstützt die Elternlotsenprojekte in 2019 erstmalig mit 15.000 € pro Projekt.
Abweichend von der üblichen Finanzierung wird das DRK-Elternlotsenprojekt Neugraben-Fischbek seit dem 1. Juni aus dem Integrationsfonds der Stadt Hamburg mit 120.000 Euro gefördert – und zwar für zwei weitere Jahre. Danach soll das Neugrabener Elternlotsenprojekt dauerhaft von der Stadt finanziert werden.