Tesfargi Zemuy (28, li.) und René Stüben (30) haben eine vorübergehende Anstellung in der Fahrradwerkstatt gefunden. Foto: cvs

Ch. v. Savigny, Wilhelmsburg

In der Fahrradwerkstatt der Fit gGmbH am Stenzelring herrscht geschäftiges Treiben: Etwa 15 Mitarbeiter basteln an diversen Zweirädern herum. Hier wird ein Lenker geradegerichtet, dort eine Schraube angezogen. Tesfargi Zemuy (28) hat gerade zusammen mit seinem Kollegen René Stüben (30) einen „City Cruiser“ montiert, dessen geschwungene Rahmenform sofort ins Auge fällt.

Zemuy kommt aus Eritrea, bei der Fit gGmbH nimmt er eine „geförderte Arbeitmaßnahme“ in Anspruch. „Im April bin ich fertig, dann möchte ich als Mechaniker oder im Lager arbeiten“, sagt er in gebrochenem Deutsch. Sein Nebenmann ist dagegen noch ganz frisch im Job. „Es herrscht ein sehr kollegiales Arbeitsklima“, lobt René Stüben. „Man hilft sich, wo man kann.“

Die vor drei Jahren gegründete Fit gGmbH – das „g“ steht für „gemeinnützig“ – ist ein sogenannter Beschäftigungsträger. Hier sollen junge Menschen zwischen 25 und 35 Jahren, die länger ohne Job waren oder aus anderen Gründen schwer zu vermitteln sind, wieder Erfahrung im Berufsleben sammeln. „Mit derzeit 300 Plätzen sind wir eines der größten Projekte bundesweit“, sagt Projektleiter Axel Emrich.

Rund 275 dieser Plätze sind derzeit besetzt, sie verteilen sich auf die Bereiche Bauwesen, Landschaftsbau, sowie Logistik und Transport. Dazu kommen die Fahrradwerkstatt, die mit aktuell 50 Mitarbeitern den größten Anteil ausmacht, eine Textilwerkstatt und ein eigener Gastronomiebetrieb – das Gartencafé „Max“ in der Max-Brauer-Allee. Einige Teilnehmer engagieren sich als Flüchtlingsbetreuer („Guides“). Die maximale Beschäftigungsdauer beträgt zwölf Monate.

Die Erfolgsquote – der Anteil der Mitarbeiter, die nach dem Ausscheiden aus der Firma wieder eine feste Anstellung finden – liegt nach Auskunft der Fit gGmbH bei 60 Prozent. Das ist erheblich mehr, als andere Träger vorweisen können. Einer der Gründe: Während sich Langzeitarbeitslose in anderen Fällen mit Ein-Euro-Löhnen zufrieden geben müssen, zahlt die Firma am Stenzelring einen sozialversicherungspflichtigen Mindestlohn. Rund 800 Euro stehen am Monatsende auf dem Lohnzettel – bei einem Job mit 20 Wochenstunden.

Das bringt auch Neider auf den Plan. Emrich wehrt sich: „Der Erfolg gibt uns recht“, sagt er. Das Projekt ist bis Ende 2019 bewilligt, anschließend muss eine Verlängerung beantragt werden.

fit gGmbH-Projektleiter Axel Emrich im Interview

Rund 60 Prozent Ihrer Mitarbeiter findet – nachdem sie das Programm bei der Fit gGmbH durchlaufen haben – eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wie erklären Sie sich diese überdurchschnittliche Quote?
Axel Emrich: Das Staffel-Programm in Hamburg ist außerordentlich erfolgreich. Über 60 Prozent der Teilnehmer gelangen in Beschäftigung, Ausbildung oder Qualifizierung. Ein Grund dafür ist die Kombination aus sehr arbeitsmarktnaher, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in unterschiedlichen Gewerken, interner Qualifizierung und einer sehr umfassenden und tiefgestaffelten Betreuung der Teilnehmer durch unsere Coaches. Ein weiterer Grund liegt in der außerordentlich guten Zusammenarbeit mit den örtlichen Jobcenter-Standorten. In der engen Zusammenarbeit können viele Probleme gelöst und Hemmnisse abgebaut werden, die einer Integration entgegenstehen.

Einen relativ großen Anteil machen die Geflüchteten aus. Wie machen die sich bei Ihnen? Welche Bedeutung hat das Angebot für sie?
Der Anteil der Geflüchteten liegt zur Zeit bei rund 57 Prozent, was ein Erfolg für sich ist, denn die Integration von Geflüchteten gehört zu den Querschnittsaufgaben des Programms. Für die Geflüchteten stellt das Programm ein echtes gesellschaftliches Integrationsprogramm dar. Die Geflüchteten sind sehr motiviert und nutzen ihre Chancen. Das Miteinander von unterschiedlichen Nationalitäten, der Abbau von Ressentiments und das Kennenlernen anderer Kultur funktioniert sehr gut und ist ein großer Pluspunkt des Programms.

Es gibt auch Kritik am Förderprogramm „Staffel“, das vom Bund aufgelegt wurde. Einer der Hauptvorwürfe: Von den 516 eingerichteten Plätzen gingen alleine 400 an die Fit gGmbH (Anmerkung: Inzwischen sind es nur noch 300 Plätze). Zudem werde übermäßig viel Geld hineingesteckt – der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen. Wie reagieren Sie darauf?
Die fit gGmbH hat sich an der öffentlichen Ausschreibung von insgesamt 620 Plätzen des Förderprogramms beteiligt wie andere Träger auch. Während sich andere Träger nur auf kleinere Kontingente beworben haben, ist die Fit gGmbH mit dem Angebot von 400 Plätzen in die Ausschreibung gegangen, um eine wirksame Entlastung für den großstädtischen Arbeitsmarkt in Hamburg zu schaffen.
Außerdem können nur in dieser Größenordnung belastbare empirische Erkenntnisse gewonnen werden, was an Methoden in der öffentlichen Arbeitsmarktförderung funktioniert oder nicht. Beides hat die Fit gGmbH geliefert! Die Frage nach dem Aufwand und dem Nutzen stellt sich bei den überdurchschnittlichen Erfolgen des Programms in Hamburg für uns nicht.

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