Matthias Greulich, Hamburg-West

Für seine Heimatstadt hat der Mäzen Max Emden viel getan. Wie schwer sich die Stadt Hamburg und die Bundesregierung mit seinem Erbe tun, zeigt der Dokumentarfilm „Auch Leben ist eine Kunst – der Fall Max Emden“, der ab morgen in die Kinos kommt. Es ist die tragische Lebensgeschichte eines erfolgreichen Geschäftsmanns mit jüdischen Wurzeln, der fast sein gesamtes Vermögen in der Nazizeit verlor und 1940 in der Schweiz starb. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik wurde Emden in den Zeitungen „Kaufhaus-König“ genannt.

Er baute große Warenhäuser wie das Oberpollinger in München oder das KaDeWe in Berlin. Ihm gehörten die Grundstücke und die Gebäude, die er verpachtete. Er wohnte in einem Landhaus in Klein Flottbek, in dem heute das Jenisch-Gymnasium untergebracht ist. In seiner Jugend spielte er Polo, später Golf. Dem Hamburger Polo Club und dem Hamburger Golf Club, in dem er Schriftführer war, stiftete er jeweils ein Clubhaus im damals revolutionären Bauhaus-Stil. 1926 zog sich Kaufmann weitgehend aus dem aktiven Geschäftsleben zurück. Er verkaufte seine inländischen Kaufhäuser an Rudolph Karstadt und verließ Hamburg in Richtung Tessin. Emden sammelte Kunst des 19. Jahrhunderts.

So auch zwei Gemälde von Bernardo Bellotto, der sich Canaletto nannte: „Der Zwingergraben in Dresden“ und „Die Karlskirche in Wien“. Die Gemälde nahm er mit ins Tessin. Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, galt der zum evangelischen Christentum konvertierte Emden nach den Rassengesetzen des Regimes als „Nichtarier“, dessen Eigentum in Deutschland auch die Schweizer Staatsbürgerschaft nicht schützte, die er seit 1934 besaß. „1935 begann mit dem erzwungenen Verkauf seiner Klein Flottbeker Ländereien weit unter Wert an die Stadt Altona seine gezielte Demontage“, so der Osdorfer Joachim Winkelmann, der die Altonaer Bezirksversammlung 2014 überzeugte, den bislang namenlosen Weg zwischen Poloplatz und Botanischen Garten nach dem Voreigentümer zu benennen.

Unter anderem durch „Steuerschulden“ für die „Arisierung“ seines Eigentums war Emden gezwungen, seine wertvolle Sammlung über den zum Teil zwielichtigen, mit dem NS-System kooperierenden Kunsthandel zu verkaufen. 1938 kam der „Zwingergraben“ über mehrere Händler in Adolfs Hitlers private Sammlung. Das Gemälde war für das „Führermuseum Linz“ bestimmt.

Nach dem Krieg wurde es von den US-Amerikanern an die Bundesrepublik übergeben. Bis 2005 hing es in der Villa Hammerschmidt des Bundespräsidenten. Ansprüche von Emdens Erben auf das Bild wurden von der Bundesregierung bislang abgelehnt. Ende März wurde bekannt, dass die Beratende Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter die Rückgabe der beiden Gemälde an die Erben empfiehlt. Für Max Emdens Enkel Juan Carlos, der in Chile lebt, und seine Familie eine lang ersehnte Nachricht, die „uns Hoffnung macht“.

Im Film wird geschildert, wie die Jewish Trust Corporation, ohne die Erben zu kennen, nach dem Zweiten Weltkrieg die Rückübereignung der Grundstücke in Klein Flottbek forderte. Die Stadt Hamburg lehnte dies in den 1950er-Jahren mit der formalen Begründung ab, Emden sei kein Jude gewesen. Seitdem sind die Akten geschlossen. Vom Hamburger Senat gibt es bis heute kein Gesprächsangebot. Filmemacherin Eva Gerberding kritisiert in der ARD-Kultursendung „ttt – titel thesen temperamente“ „Dass der Senat überhaupt nicht bereit ist, mit der Familie Emden in Kontakt zu treten, ist mir als Hamburgerin richtig peinlich. Am Sonntag, 28. April, 17.45 Uhr, sind Gerberding und Juan Carlos Emden zu Gast bei der Vorstellung des Films im Blankeneser Kino, Blankeneser Bahnhofstraße 4.

Max Emden

Am 28. Oktober 1874 wird Max James Emden in Hamburg geboren. Er wächst in Harvestehude auf, macht sein Abitur am Wilhelm Gymnasium und eine Lehre im Geschäft der Familie. Als 19-Jähriger konvertiert er zum evangelischen Christentum. Emden studiert Chemie und Mineralogie in Heidelberg, Genf, Zürich und Leipzig, wo er 1898 zum Dr. phil. promoviert. 1910 heiratet er die in Chile geborene Concordia Gertrud Hélène Anna, genannt Anita Sternberg aus Klein Flottbek. 1926 trennt sich das Ehepaar Emden. Max Emden zieht in die Schweiz, wo er die Brissago Inseln im Lago Maggiore kauft und sich dort ein palastartiges Haus baut. Über die Einfahrt der Bootsgarage setzt er sein Motto: „Auch Leben ist eine Kunst.“ Nach jahrelangem Widerstand der Schweizer Bundespolizei wird er 1934 Schweizer Staatsbürger. Am 26. Juni 1940 stirbt Max Emden im Tessin an einem Herzinfarkt.

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