Von Oliver Kroll. Wer eine besondere Busfahrt erleben möchte, ob Einheimischer oder Tourist, dem sei eine Blankeneser „Bergziege“ empfohlen. Auswärtige schauen zunächst ungläubig, wenn sie den Begriff für die kleinen, wendigen Gefährte hören.
Diese kleinen Busse fuhren seit 1959 vom Bahnhof Blankenese über die Blankeneser Hauptstraße, den Strandweg und den Waseberg, mit seinen 15 Prozent Steigung, und die Blankeneser Bahnhofstraße zum Bahnhof. Die Streckenführung von heute ist sehr ähnlich. Wer die Straßen kennt, wird wissen, welche Herausforderung die Strecke an die Fahrer stellt. „Die Busse haben sich über die Jahrzehnte verändert, die Straßen nicht“, so ein Fahrer lakonisch.
Nun wird die Bergziege mit dem Fahrplanwechsel am Sonntag, 9. Dezember, zuschlagsfrei. Die beiden Schnellbuslinien 48 und 49 wird es dann nicht mehr geben. Sie werden zu Stadtbus-Linien, die zum regulären HVV-Tarif genutzt werden können. Die Schnellbuszuschläge fallen also weg.
Kuriosität am Rande: In der Anfangszeit der „Bergziegen“ mussten Passagiere den Fahrpreis von 50 Pfennigen abgezählt in eine durchsichtige Zahlbox einwerfen. Der Fahrer konnte also nicht wechseln, und wer umstieg, musste erneut bezahlen.
So wie der Stadtteil Blankenese vom Fischerdorf zum gern von Hamburgern und Touristen besuchten Quartier geworden ist, hat sich auch die „Bergziege“ verändert. Gerade Touristen und Ältere nutzen gern den Bus. Den einen ist der Weg zum Strand zu weit, anderen Menschen schmerzen die Glieder. Immerhin ist der Waseberg Hamburgs steilste Straße, die selbst routinierte Radfahrer herausfordert.
Selbst eingefleischte Ökologen und andere Weltenretter können guten Gewissens zusteigen – die Bergziege rollt elektrisch angetrieben bergauf wie bergab. Damit war der Bus der erste, der hamburgweit umweltfreundlich Fahrgäste transportierte.
Selbst der damalige Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) war dabei, als im November 2014 der erste „akkuelektronisch angetriebene HVV-Bus“ (HVV) den Betrieb aufnahm.
Der Clou: Geht es bergab, kann der Bus sogar Bremsenenergie zurückgewinnen. 2016 folgte dann ein zweiter Elektrobus. Wie sein Kollege muss er auf seiner 5,9 Kilometer langen Strecke rund 70 Meter Höhenunterscheid bewältigen.
Von dem ursprünglichen, Mitte der 50er-Jahre geplanten Vorhaben, Autofahrer zu bewegen, ihr Fahrzeug stehen zu lassen und mit Bussen und Bahnen in die Stadt zu fahren, ist nur ein Teil Realität geworden. Wer morgens mit dem Wagen zur Arbeit in die Innenstadt fährt, kommt nur zäh voran. Besonders dann, wenn wie kürzlich nur eine Spur der prächtigen Allee zwischen Ottensen und Blankenese nutzbar ist.
Die „Bergziege“ nahm in den vergangenen Jahrzehnten eine immer wieder neue Gestalt. an. Die Preise stiegen ebenso wie wieder die Zahl der Touristen. Sie sind zur festen Größe so manches Geschäftsmannes geworden. Ein Textilhändler: „Besonders die Gäste aus der Schweiz kaufen bei mir gern ein.“
Und dann geht es mit einer „Bergziege“ ans Elbufer.