Johannes Kahrs (54) verbringt seinen Sommerurlaub auf Wangerooge – schon seit 40 Jahren. „Keine Autos, nur mein Strandkorb, gute Bücher und viel Ruhe“, sagt er. Trotzdem blieb Zeit, für das Wochenblatt einige Fragen zu beantworten.

EW: Der Flüchtlingsstreit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer hat in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen beherrscht. Wie kann ein Konflikt zwischen Schwesterparteien so eskalieren? Liegt das nur an der im Herbst anstehenden Landtagswahl in Bayern?
Kahrs: Die CSU und große Teile der CDU sind aus Angst vor der AfD dabei gewesen, diese rechts zu überholen. Angst frisst Hirn. Rechts überholen ist laut Straßenverkehrsordnung nicht erlaubt und in der Politik geht es schon mal gar nicht. Das Ganze war von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Die Menschen wählen das Original nicht die Kopie.

In bundesweiten Meinungsumfragen hat die AfD die SPD fast eingeholt. Was macht die AfD so stark und die SPD so schwach?
Die AfD appelliert an den inneren Schweinehund im Menschen: Neid, Missgunst, Frust und Angst. Damit kommt man als Partei eine Zeit lang gut klar. Auf Dauer ist das aber kein Rezept, um ein Land anständig zu regieren.

Die SPD hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Sie musste viele Kompromisse machen, was viele Menschen nur schwer nachvollziehen konnten. Unter der Führung von Olaf Scholz und Andrea Nahles arbeiten Fraktion und Partei nun aber geschlossen und inhaltlich gut aufgestellt, um den Koalitionsvertrag in die Realität umzusetzen.

Die Parteien der sogenannten „Union“ hingegen zerlegen gerade sich und ihren Teil der Bundesregierung. Die SPD arbeitet, bringt Gesetze ein und ist der stabile Teil dieser Regierung. Das ist es, was zählt.

Wie gehen Sie im Bundestag mit Abgeordneten der AfD um? Gibt’s mal einen Klönschnack oder ein gemeinsames Mittagessen?
Mit Rechtsradikalen rede ich nicht.

Im „Maritimen Einkaufszentrum“ in Finkenwerder sollte längst Hochbetrieb herrschen, doch noch immer steht das Gebäude weitgehend leer. Wie kann dem Projekt endlich „Leben eingehaucht“ werden?
Ralf Neubauer arbeitet als SPD-Kommunalpolitiker seit Jahren daran, das Einkaufzentrum auf Finkenwerder mit Leben zu füllen und auch der Bezirk arbeitet mit Hochdruck. Aber der Investor ist, um es freundlich zu sagen, etwas sperrig. Der zuständige Regionalausschuss Finkenwerder hat nun mit einem Antrag die Vertragstreue des Investors eingefordert und hierfür eine Frist gesetzt. Wir sind guter Hoffnung, dass es nun vorangeht, aber versprechen können wir derzeit nichts.

Bund und Stadt wollen insgesamt 37 Millionen Euro für eine Instandsetzung des Hamburger Fernsehturms bereitstellen. Wurde bei der europaweiten Ausschreibung bereits ein Betreiber gefunden? Wird es wieder ein gastronomisches Angebot geben?
Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass ich im Haushaltsauschuss des Bundestags eine Mehrheit für eine Bundesbeteiligung von 18,5 Millionen Euro gewinnen konnte und dass Hamburg den Eigenanteil in gleicher Höhe ebenfalls beschlossen hat. Die finanzielle Grundlage für eine Wiedereröffnung bis 2023 ist damit gelegt.

Ein gastronomisches Angebot ist Teil der Ausschreibung, denn das macht Sinn – für einen Betreiber ebenso, wie für die Besucher. Noch steht der Betreiber nicht fest, aber bis Ende dieses Jahres soll das nach meiner Kenntnis der Fall sein. Eins kann ich Ihnen aber sicher sagen: Kaffee und Kuchen satt für fünf Mark wie früher wird es nicht mehr geben – schon deshalb, weil es die D-Mark nicht mehr gibt.

Johannes Kahrs

Johannes Kahrs (54) sitzt seit 1998 als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Hamburg-Mitte – zu dem auch Veddel, Finkenwerder und St. Pauli gehören – für die SPD im Bundestag. Kahrs trinkt keinen Alkohol, raucht nicht, besitzt keinen Fernseher und hat keinen Führerschein. Als Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und als Sprecher des Seeheimer Kreises, des konservativen Flügels der SPD-Fraktion, hat Kahrs Stimme auch bundespolitisch Gewicht innerhalb der SPD. Seit 2002 ist Kahrs Vorsitzender der SPD Hamburg-Mitte. Er gilt als der „Machiavelli der Genossen“, weil er parteiintern sehr durchsetzungsstark ist.

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