Sein Gesicht lächelt von vielen Plakaten in der Harburger Innenstadt, auf denen ein „Bericht aus Berlin“ angekündigt wird. Beim Harburger Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi (49, SPD) scheint Wahlkreisarbeit wichtig zu sein. Regelmäßig informiert der Jurist die Basis über das, was in der „großen Politik“ vor sich geht. Im
Wochenblatt-Interview redet Hakverdi über Seehofer, die AfD und die GroKo in Harburg.

Der Flüchtlingsstreit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer hat in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen beherrscht. Wie kann ein Konflikt zwischen Schwesterparteien so eskalieren? Liegt das nur an der im Herbst anstehenden Landtagswahl in Bayern?
Mit dem Schaukampf zwischen CSU und CDU hat Bundesinnenminister Horst Seehofer versucht, die Aufmerksamkeit der Wähler auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern zu lenken. Er hat das hochemotionale Flüchtlingsthema dazu benutzt, sich als harten Hund zu inszenieren. Ich finde eine solches Verhalten fahrlässig und demokratiefeindlich.
Es bestätigt alle jene in ihrer kritischen Haltung der Politik gegenüber, die Parteien für unaufrichtig halten. In der momentan emotional aufgeladenen Zeit ist ein solches Handeln noch unpassender als sonst.
Mir scheint überdies, dass die Entfremdung zwischen der CDU und ihrer Schwesterpartei immer tiefgreifender wird. Beide Parteien treibt die Angst um, am politisch rechten Rand Wählerstimmen an die AfD zu verlieren. In diesem Strudel aus Angst bekämpfen sie sich immer weiter.

In bundesweiten Meinungsumfragen hat die AfD die SPD fast eingeholt. Was macht die AfD so stark und die SPD so schwach?
Mit dem Bundestrend haben Sie Recht, in Hamburg hingegen ist die AfD von diesem Ergebnis weit entfernt. Der Bundestrend spiegelt in meinen Augen eine Momentaufnahme wider, die keinen Bestand haben wird. Der wochenlange Streit bei unseren Koalitionspartnern von der CDU und CSU hat allen etablierten demokratischen Parteien geschadet, weil er das Ansehen der demokratischen Institutionen in Mitleidenschaft zieht. Ein solches Verhalten darf sich nicht wiederholen.

Wie gehen Sie im Bundestag mit Abgeordneten der AfD um? Gibt’s mal einen Klönschnack oder ein gemeinsames Mittagessen?
Ich begegne jedem Kollegen gleich, der sich mit mir sachorientiert und zivilisiert austauschen möchte. In der Debatte mit der AfD erlebe ich jedoch oft, dass die Partei kaum Lösungsansätze für die Probleme unserer Zeit bietet, die unserem Land weiterhelfen könnten. Außerparlamentarisch habe ich keinen Kontakt zu AfD-Abgeordneten.

In der Harburger Bezirksversammlung hat es die Große Koalition aus SPD und CDU bislang nicht geschafft, einen neuen Bezirksamtsleiter zu wählen. Sollte die SPD ihre Kandidatin Sophie Fredenhagen jetzt mit den Stimmen von Linken und Grünen durchsetzen?
In diesem Prozess müssen sowohl die Bezirksfraktion als auch die Partei vor Ort mitgenommen werden – das ist geschehen. Auf einer Kreisdelegiertenversammlung hat die Partei dann beschlossen, einen letzten Einigungsversuch mit der CDU zu unternehmen und bei dessen Scheitern weitere Konsequenzen zu ziehen. Diesen Weg finde ich richtig und unterstütze ihn.

Zur Person

Seit 2013 vertritt Metin Hakverdi (SPD) den Wahlkreis Harburg/Bergedorf im Deutschen Bundestag. Der Wilhelmsburger erreichte auf Anhieb das beste Ergebnis aller Hamburger Direktkandidaten (40,4 Prozent) . 2017 verteidigte er sein Direktmandat – wieder mit dem besten Ergebnis der Hansestadt (34,8 Prozent). Seine Rechtsanwaltszulassung gab Hakverdi zum Jahresende 2016 zurück – um sich ganz auf seine Arbeit als Abgeordneter zu konzentrieren. In der SPD-Bundestagsfraktion ist Hakverdi stellvertretender Europapolitischer Sprecher, Vorsitzender des Gesprächskreises USA/Nordamerika und Mitglied im Finanz- und im Europaausschuss.

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