Sabine Langner, Sülldorf
In der Sülldorfer Feldmark haben sie schon Felder umgepflügt, im Rissener Klövensten vermehren sie sich prächtig: Wildschweine. Jetzt sorgt das Borstenvieh bei Hamburger Landwirten für Angst und Schrecken. Sie befürchten, dass durch Wildschweine die Afrikanischen Schweinepest (ASP) auf die heimischen Hausschweine übertragen werden könnte. Das hochansteckende Virus hat sich schon bis an die deutschen Grenzen ausgebreitet. Infizierte Wildschweine wurde in Tschechien und in Polen entdeckt. Experten befürchten, dass sich auch Schweine in Deutschland mit dem für sie lebensbedrohlichen Virus anstecken werden. Die Folge ist eine großangelegte bundesweite Kampagne gegen Wildschweine. In ganz Deutschland dürfen jetzt Wildschweine abgeschossen werden, obwohl eigentlich Schonzeit ist.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium fordert gar die Reduzierung der Wildschweine um 70 Prozent. Dafür dürfen die Jäger jetzt auch künstliche Lichtquellen im Wald aufstellen oder mit Nachtsichtgeräten schießen. Ausnahmen gelten nur für Sauen, die noch gestreifte Frischlinge an ihrer Seite haben. Um den Jägern einen Anreiz zu geben, zahlen die Länder Kopfgelder für erlegte kranke Wildschweine. In Hamburg sind das 100 Euro pro Schwein.
So dramatisch ist die Lage nach Ansicht der Deutschen Wildtierstiftung nicht. „Purer Aktionismus,“ sagt Förster Andreas Kinser (Deutsche Wildtierstiftung). Zwar gebe es tatsächlich mehr Wildschweine denn je und es sei auch vernünftig zu versuchen, den Bestand zu dezimieren. „Aber es ist unfair, die Schuld an der Ausbreitung der ASP allein den Wildschweinen in die Schuhe zu schieben“, so Kinser.

Das Virus wird auch übertragen, wenn Menschen Wurst wie beispielsweise Salami aus Polen mit nach Deutschland bringen. Er kann auch übertragen werden, wenn infizierte Tiere von Waldarbeitern mit Autos transportiert werden. „Wenn das Virus zweimal innerhalb weniger Tage einen Sprung von mehreren hundert Kilometern macht, dann war das garantiert kein wanderndes Wildschwein“, sagt Kinser.Wie viele Wildschweine es derzeit im Klövensteen gibt, „lässt sich leider nur sehr schwer schätzen“, so Altonas Bezirksamtssprecher Martin Roehl.
Hinweise – wie zum Beispiel die „Intensität von Wildschäden in landwirtschaftlichen Flächen oder Zeichen, wie Wühlstellen oder andere Fährtenbilder“ – deuten darauf hin, dass „wir einen recht niedrigen Schwarzwildbestand haben“. Eine genaue Angabe um wieviel Tiere es sich handelt, sei aber nicht möglich. Roehl weiter: „Um die Wildschweinpopulation auch um die vom Bundesministerium geforderten 70 Prozent zu verringern, werden alle jagdlichen Möglichkeiten konsequent ausgenutzt werden.“


So stecken sichSchweine an

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, mit der sich Haus- und Wildschweine anstecken können. In den afrikanischen Ursprungsländern übertragen Lederzecken das Virus. In Mitteleuropa wird es durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Sekrete, Blut, Sperma), die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen übertragen. Auch eine indirekte Ansteckung über Fahrzeuge, (Jagd-) Ausrüstungsgegenstände, landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, Kleidung ist möglich. Der Kontakt mit Blut ist der effizienteste Übertragungsweg. Für Menschen ist die ASP ungefährlich. Quelle: Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit

Immer mehrWildschweine
Experten sind sich einig, dass die Population der Wildschweine immer mehr zunimmt. Die Gründe sind vielfältig. Riesige Maisanbaugebiete sorgen für ein großes Futterangebot. Zudem haben die vielen milden Winter der letzten Jahre zu einer geringen Sterblichkeit bei Frischlingen geführt. Im Vergleich zu den Verhältnissen um 1900 tragen Eichen und Buchen deutlich mehr Früchte. Andreas Kinder (Deutsche Wildtierstiftung): „Gab es damals alle zehn bis zwölf Jahre mal ein Jahr mit so genannter Vollmast, tragen die Bäume heute alle drei bis vier Jahre volle Früchte, weil der Stickstoffgehalt im Boden so hoch ist.“

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