
Gaby Pöpleu, Harburg. In Harburg sind viel mehr Straßen als bisher angenommen lauter als erlaubt: Die Stadt Hamburg hat jetzt sieben Straßen in Heimfeld in die neuen Lärmkarten aufgenommen, die bisher offiziell nicht darin verzeichnet waren: Ab sofort gelten auch Denickestraße, Ehestorfer Weg, Eißendorfer Pferdeweg, Hainholzweg, Heimfelder Straße, Lohmannsweg und Milchgrund als laute Straßen.
Hat der Lärm auf Harburgs Straßen zugenommen? Das kann man so nicht sagen. Denn die neuen Karten sind nicht ohne weiteres mit den alten aus den Jahren 2007 und 2012 vergleichbar, weil die Werte anders errechnet wurden. Alle fünf Jahre muss die Stadt entsprechend einer EU-Richtlinie ihre Maßnahmen gegen zuviel Lärm auf den neuesten Stand bringen, musste dafür bis Juni 2017 aktuelle Lärmwerte ermitteln.
An allen neu aufgenommenen Straßen wurden tagsüber Lärmwerte von mehr als 60 Dezibel gemessen. Ausnahme Denickestraße. Dort waren es aber immer noch mehr als 60 Dezibel. Nachts war es überall mehr als 55 Dezibel laut.
Noch lauter ist es an der Heimfelder Straße, Kreuzung Milchgrund und an der Kreuzung mit dem Eißendorfer Pferdeweg: Hier wurden tagsüber Lärmwerte von über 70 Dezibel erreicht. „Ein Wert, der gesetzlich nicht einmal in Industriegebieten oder dem Hamburger Hafen zulässig ist“, hat Marcus Pietsch von der Bürgerinitiative „Verkehrssicherheit Heimfeld“ ermittelt.
Lärmwerte über 55 Dezibel tagsüber und 45 oder 50 Dezibel in der Nacht gelten in der EU als gesundheitsschädlich und müssen vermindert werden. Deshalb muss die Stadt für diese Straßen Maßnahmen ergreifen, um den Lärm zu reduzieren.
Bis März soll nun eine „Öffentlichkeitsbeteiligung“ gestartet werden: Vom Lärm Betroffene können hier online Vorschläge zur Senkung des Lärms machen. Was den Verkehr in Harburgs Straßen betrifft: Da denkt die Umweltbehörde bisher vor allem an nächtliche Tempo 30-Zonen in „weiteren zehn Straßen“ und „lärmarmen Asphalt“.
Lärm macht krank
Meinung: Ein Beitrag der Initiative Verkehrssicherheit Heimfeld
INitiative Verkehrssicherheit Heimfeld/Marcus Pietsch
Heimfeld ist die Lärmhochburg im Bezirk Harburg. Das zeigt die Antwort der Hamburger Umweltbehörde auf eine Anfrage der Fraktion der Neuen Liberalen in der Bezirksversammlung Harburg. Die Neuen Liberalen hatten unter anderem danach gefragt, wie laut es in einzelnen Stadtteilen ist und wie sich der Lärm seit der Lärmkartierung aus dem Jahr 2012 bis heute entwickelt hat.Das Ergebnis ist erschreckend. Es zeigt, dass im Bezirk Harburg 24.100 Menschen tagsüber und 17.000 Menschen nachts von Verkehrslärm betroffen sind. Lärm, der dem Umweltbundesamt zufolge Beeinträchtigungen des psychischen und sozialen Wohlbefindens mit sich bringt und darüber hinaus zu Krankheiten wie Bluthochdruck und Herzinfarkten führen kann.
Dabei hat die Zahl der stark von Verkehrslärm Betroffenen im Bezirk seit 2012 deutlich zugenommen: um 12 Prozent tagsüber sowie um 18 Prozent nachts. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass in den alten Lärmkarten der Stadt viele laute Straßen – anders als gesetztlich vorgeschrieben – nicht verzeichnet waren. Erst eine Vielzahl von Beschwerden unsererseits und zunehmender politischer Druck in der Bezirksversammlung haben vor Kurzem dazu geführt, dass nun alle Straßen im Bezirk verzeichnet wurden, auf denen der Verkehrslärm von der EU vorgegebene Schwellenwerte überschreitet.
Neu verzeichnet wurden im Bezirk Harburg nun folgende besonders laute Straßen:
An der Alten Süderelbe (Umgehung Finkenwerder)
Neuenfelder Fährdeich (teilweise) Vollhöfner Weiden (teilweise)
Finkenwerder Ring
Finkenwerder Ringbrücke Ost
Altenwerder Hauptdeich
Anschluss Finkenwerder (BAB 7)
Eißendorfer Pferdeweg
Milchgrund
Heimfelder Straße
Lohmannsweg
Denickestraße
Ehestorfer Weg
Hainholzweg
Erschreckend ist: Seit der Lärmkartierung vor fünf Jahren ist es Politik und Behörden nicht gelungen, den Verkehrslärm auch nur an einer einzigen Straße in Harburg derart zu senken, dass diese aus der Lärmkartierung gestrichen werden konnte. Alle Straßen im Bezirk Harburg, die im Jahr 2012 besonders laut waren, sind es auch heute noch!
Besonders stark betroffen von Verkehrslärm sind dabei die Stadtteile Harburg, Heimfeld und Neugraben-Fischbek, wobei der Stadtteil Heimfeld besonders auffällig ist. Denn hier ist in etwa jeder fünfte Einwohner (21 Prozent) von krank machendem Verkehrslärm betroffen.
Dabei ist der Lärm dann dort auch noch häufig besonders extrem: Rund 1.000 Heimfelder sind in ihren Wohnungen Verkehrslärm ausgesetzt, der nicht einmal in Industriegebieten oder dem Hamburger Hafen rechtlich zulässig wäre (mehr als 60 Dezibel in der Nacht und über 70 Dezibel am Tage). In keinem anderen Harburger Stadtteil sind soviele Menschen einem derart starken Verkehrslärm ausgesetzt, wie in Heimfeld.
Es bleibt abzuwarten, was Politik und Behörden nun unternehmen. Geht es so weiter wie bisher, wird das leider nicht viel sein. Betroffene, die daher selbst etwas gegen den Lärm vor ihrer Haustür unternehmen wollen, finden die interaktiven Lärmkarten im Internet auf den Seiten der Hamburger Umweltbehörde sowie Hinweise zum Rechtsanspruch auf Lärmschutz auf den Seiten des ADFC-Hamburg.